Sondersitzung zum AM-VSG APOTHEKE ADHOC, 15.02.2017 18:02 Uhr
Der Gesundheitsausschuss des Bundestags trifft sich morgen zu einer Sonderausschusssitzung. Es geht um das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG). Eigentlich sollte das Gesetz morgen schon im Bundestag in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden. Doch es gibt noch Gesprächsbedarf und da man keine Eile hat, wurde das Thema von der Tagesordnung gestrichen.
Die Gesundheitspolitiker der großen Koalition haben sich zwar schon auf mehrere Änderungsanträge verständigt. Daneben wurden Ende Januar aber noch zahlreiche, separate „Prüfaufträge“ der Regierungsfraktionen gestellt: Die SPD etwa möchte OTC-Arzneimittel für ältere und multimorbide Patienten wieder durch die Krankenkassen bezahlen lassen. Und die Union will in geschlossene Zyto-Verträge jetzt doch nicht eingreifen.
Ein Berichterstattergespräch zur weiteren Abstimmung wäre diese Woche zeitlich nicht mehr darstellbar gewesen, weshalb das Gesetz auch morgen nicht in den Bundestag kann. Damit platzt auch der Bundesratstermin. Das AM-VSG dürfte nach jetzigem Stand am 31. März in der Länderkammer verabschiedet werden und dann einen Monat später in Kraft treten.
Mit dem AM-VSG sollen unter anderem die Apotheker für Rezepturen und BtM-Rezepte insgesamt zusätzlich 100 Millionen Euro Honorar bekommen. Exklusive Zyto-Ausschreibungen sollen verboten werden. Bei der Sondersitzung des Ausschusses morgen könnten weitere Änderungsanträge besprochen werden. Ob die Abstimmung dann schon final sein wird, hängt vom Umfang des Beratungsbedarfs ab.
Heute hat der Gesundheitsausschuss dagegen bereits den Gesetzentwurf zur Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) mit zahlreichen Änderungen und einigen Ergänzungen gebilligt. Für den mehrfach veränderten Entwurf stimmten die Regierungsfraktionen von Union und SPD. Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich der Stimme. Die Vorlage soll am Donnerstag im Plenum des Bundestages verabschiedet werden.
Anträge der Grünen zur Verbesserung der Heilmittelversorgung sowie zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs der Krankenkassen und zur Versorgung behinderter Menschen fanden im Ausschuss keine Mehrheit. Ein Änderungsantrag der Linksfraktion zum HHVG wurde ebenfalls mehrheitlich abgelehnt. Der Gesetzentwurf beinhaltet auch Regelungen, die mit der Heil- und Hilfsmittelversorgung unmittelbar nichts zu tun haben.
Die Heil- und Hilfsmittelreform zielt darauf ab, mehr Qualität und Transparenz in diesen Markt zu bringen. Mit dem Gesetz wird der GKV-Spitzenverband dazu verpflichtet, bis Ende 2018 das Hilfsmittelverzeichnis zu aktualisieren. Zudem soll der Spitzenverband bis Ende 2017 eine Systematik schaffen, um das Verzeichnis auch künftig aktuell zu halten.
Die Krankenkassen müssen bei ihren Vergabeentscheidungen künftig neben dem Preis auch qualitative Anforderungen an die Hilfsmittel gleichwertig berücksichtigen. Zudem werden die Krankenkassen auch bei Ausschreibungen dazu verpflichtet, den Patienten eine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen mehrkostenfreien Hilfsmitteln einzuräumen.
Bei der Hilfsmittelversorgung müssen die Krankenkassen die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Pflichten der Anbieter kontrollieren. Dazu sind Stichproben vorgesehen. Ferner müssen Anbieter die Versicherten künftig beraten, welche Hilfsmittel und zusätzlichen Leistungen für sie geeignet sind und von den Krankenkassen als Regelleistung bezahlt werden. Die Anbieter werden verpflichtet, die Höhe der Mehrkosten anzugeben. Die Krankenkassen sollen die Versicherten zudem besser über ihre Rechte bei der Hilfsmittelversorgung beraten.
Um die Therapieberufe (Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Podologie) attraktiver zu machen, können die Krankenkassen und Verbände der Heilmittelerbringer in den Jahren 2017 bis 2019 eine höhere Vergütung beschließen. Diese Regelung ist befristet, um die Auswirkungen zu überprüfen.
Heilmittelerbringer sollen künftig außerdem über sogenannte Blankoverordnungen stärker in die Verantwortung genommen werden. So wird das Heilmittel weiter vom Arzt verordnet, der Heilmittelerbringer bestimmt aber die Auswahl, Dauer und Abfolge der Therapie. Nach Auswertung von Modellprojekten soll dann entschieden werden, ob diese Variante in die Regelversorgung übernommen wird.
Mit in den Gesetzentwurf aufgenommen wurde eine Regelung zum morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) der Krankenkassen. So wird gesetzlich klargestellt, dass sich Krankenkassen oder Ärzte über eine unzulässige Beeinflussung von Diagnosen keine finanziellen Vorteile verschaffen dürfen. Anlass für die gesetzliche Initiative sind Strategien der Krankenkassen, über bestimmte Diagnosen die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zu erhöhen. Dazu versuchen die Kassen, auf die Diagnosekodierung der Ärzte Einfluss zu nehmen.
Rechtswidrige Vertragsgestaltungen sollen beendet werden. Die Krankenkassen werden zur Mitwirkung bei der Aufklärung von Zweifelsfällen verpflichtet. Verweigern sie dies, kann das Bundesversicherungsamt (BVA) ein Zwangsgeld von bis zu zehn Millionen Euro verhängen. Um Auffälligkeiten bei den Krankenkassendaten besser zu erkennen, soll ab 2018 der RSA auch mit Hilfe einer regionalen Zuordnung der Patienten analysiert werden.
Der Gesetzentwurf beinhaltet auch Regelungen etwa zum Krankengeldanspruch in speziellen Fällen, zur Beitragsbemessung für Selbstständige und zur Sozialversicherungspflicht von Ärzten, die zusätzlich im notärztlichen Rettungsdienst aktiv sind.