Der Gesundheitsausschuss hat heute – wie erwartet – einstimmig der Ernennung von zwei Unparteiischen Mitgliedern des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) widersprochen. Abgelehnt wurden der frühere AOK-Vorstand Uwe Deh und der FDP-Politiker Lars Lindemann. Für das höchste Gremium in der gesundheitlichen Selbstverwaltung müssen nun neue Kandidaten gefunden werden. Die anderen sieben Kandidaten und G-BA-Chef Josef Hecken wurden bestätigt.
„Ein vermeidbarer Schaden für die Selbstverwaltung“, kritisierte CSU-Gesundheitspolitiker Reiner Meier das Nominierungsverfahren. „Das Veto ist konsequent und richtig“, stellte Meier als der Berichterstatter der Union für die Selbstverwaltung klar. Keiner der beiden Kandidaten konnte die Abgeordneten von seiner Unparteilichkeit und Unabhängigkeit überzeugen. „Das Votum ist kein Urteil über die Persönlichkeiten, sondern ein parteiübergreifendes Signal, wie ernst uns die Neutralität der Unparteiischen im G-BA ist.“
Als höchstes Organ der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen ist der G-BA mit jeweils fünf Vertretern der Ärzte und Krankenhäuser beziehungsweise der Krankenkassen besetzt. Das Zünglein an der Waage sind deshalb oft die drei Unparteiischen Mitglieder, deren Ernennung der Gesundheitsausschuss billigen muss. Als Chef des G-BA wurde Hecken bestätigt. Bestätigt wurden auch Dr. Wolfgang Barth und Dr. Monika Lelgemann als ehrenamtliche Stellvertreter. Als unparteiische Mitglieder wurden Christian Zahn, Klaus Kirchner, Dr. Udo Degener-Hencke und Dr. Claus Vogel bestätigt. Vogel ersetzt Dr. Hans-Joachim Helmig, gegen dessen Nominierung sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ausgesprochen hatte.
„Die Unparteiischen müssen Brückenbauer sein und auf Kompromisse hinwirken. Das können sie nur, wenn sie von allen Seiten als neutral und unabhängig angesehen werden. Bei beiden Kandidaten war das ersichtlich nicht der Fall“, so Meier. Die Selbstverwaltung muss nun innerhalb von sechs Wochen neue Kandidaten benennen. Meier warnt vor einer weiteren Eskalation: „Ich kann nur hoffen, dass der zweite Vorschlag überzeugender ausfällt. Das gesamte Procedere hat der Selbstverwaltung vermeidbaren Schaden zugefügt.“
Gelegenheit für ein zweites Veto hätten die Abgeordneten: Kurz vor der Bundestagswahl tritt der Deutsche Bundestag im September noch einmal zu Haushaltsberatungen zusammen.
Unstrittig war die Wiederwahl von Hecken. Für Ärger sorgten allerdings die Personalvorschläge für die Wahl der weiteren unparteiischen Mitglieder. Nominiert war der frühere AOK-Vorstand Uwe Deh aus dem Krankenkassenlager. Und die Leistungserbringer (Ärzte und Krankenhäuser) hatten Lindemann ins Rennen geschickt.
Sowohl mit Deh als auch mit Lindemann hatten die Gesundheitspolitiker in Union und SPD so ihre Probleme. Auch das BMG war nicht begeistert. Auch innerhalb der Ärzteschaft gab es Kritik, die bisherige Unparteiische Regina Klakow-Franck, Fachärztin für Gynäkologie, durch den Juristen zu ersetzen, der auch schon als Funktionär für die Fachärzte gearbeitet hat.
Für Bundesärztekammerpräsident (BÄK) Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery ist die G-BA-Spitze „ohne ärztlichen Sachverstand nicht vorstellbar“. Das sieht man im BMG ähnlich. Laut einem Schreiben von Staatssekretär Lutz Stroppe, über das das Ärzteblatt berichtete, stört sich das Ministerium formal am Vorschlag für den zweiten Stellvertreter auf ärztlicher Seite.
Der ehemalige KV-Chef von Brandenburg, Hans-Joachim Helming, sollte neben dem Juristen Udo Degener-Hencke ehrenamtlicher Stellvertreter für Lindemann werden. „Auf Grundlage dieser weiteren Informationen weise ich darauf hin, dass aus Sicht des BMG in Hinblick auf Herrn Dr. Hans-Joachim Helming die nachfolgend aufgeführten rechtlichen Bedenken gegen eine Berufung als Unparteiischer bestehen“, schrieb Stroppe an die Parlamentarier.
Kritisiert wurde vor allem die Beschäftigung von Helming als Geschäftsführer und Gesamtleiter der IGiB-Stimmt, ein Projekt der AOK Nordost, der Barmer und der KV Brandenburg. Das Projekt wird auch mit Geldern aus dem Innovationsfonds gefördert und erhält zusätzlich Gelder aus dem Strukturfonds, der im Krankenhausstrukturgesetz aufgelegt wurde. Laut Gesetz müssen unparteiische Mitglieder aber eine Karenzzeit von einem Jahr einhalten, in der sie nicht für eine der Trägerorganisationen arbeiten – ein Grund, warum die Personalsuche für die unparteiischen Mitglieder im G-BA kompliziert ist.
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