Gesundheitsausschuss

Verbände für Rx-Versandverbot

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Berlin -

Am 17. Mai hat der Gesundheitsausschuss zu einer Anhörung zum Rx-Versandverbot geladen – nicht zum Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), aber zum Antrag der Linken. Jetzt liegen die ersten Stellungnahmen der geladenen Verbände und Experten vor: Der Großhandelsverband Phagro begrüßt darin ein Rx-Versandverbot. Für den Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheker (BVKA) ist das EuGH-Urteil ein „beispielloser Eingriff“ in die nationalen Rechte.

„Der Großhandelsverband Phagro befürwortet ein Versandhandelsverbot mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und begrüßt das Ziel der Bundesregierung, durch ein Verbot des Versandhandels die bestehende flächendeckende, wohnortnahe und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, insbesondere auch im akuten Krankheitsfall, weiterhin zu gewährleisten“, heißt es im Statement, das an die Stellungnahme zum Gröhe-Entwurf anknüpft. Patienten müssten sich darüber hinaus darauf verlassen können, dass ein Arzneimittel exakt die Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit behalte, die für ihre Behandlung nötig seien.

Nur bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente in einer öffentlichen Apotheke vor Ort werde sichergestellt, dass in der gesamten Transportkette vom Hersteller über den Großhandel bis zur Abgabe durch den Apotheker an den Patienten die für die Lagerung und den Transport von Arzneimitteln geltenden Vorschriften strengstens eingehalten und überwacht würden. Für die Lagerung und den Transport der meisten Arzneimittel gelte eine Maximaltemperatur von 25 Grad Celsius. „Dieser Wert darf allenfalls kurzzeitig überschritten werden. Die vollversorgenden pharmazeutischen Großhändler in Deutschland garantieren, dass die von ihnen transportierten Arzneimittel in der Regel nicht länger als zwei Stunden und temperiert in einem Lieferfahrzeug verbleiben“, so der Phagro.

Das sehe beim Versandhandel „völlig anders“ aus: An einem heißen Hochsommertag erreichten die Temperaturen im Laderaum eines solchen Fahrzeugs leicht mehr als 40 Grad Celsius. Im ungünstigsten Fall könne die Sendung nicht zugestellt werden und das Arzneimittel kehre nach acht bis zehn Stunden Hitzefahrt in ein Verteilzentrum zurück. Eine Kontrolle von Temperatur oder Zeitraum, in dem ein Medikament mehr als 25 Grad Celsius ausgesetzt sei, finde im Versandhandel zu keinem Zeitpunkt statt. Dies berge für den Patienten „unüberschaubare Risiken“.

Abgesehen von den Risiken aus unkontrollierten Transportbedingungen biete der Versand von Arzneimitteln auch keinen zeitlichen Vorteil. Einsendung des Rezepts, Bearbeitung und Versandweg des Medikaments erforderten durchschnittlich ein bis zwei Tage. Selbst bei zukünftiger elektronischer Übermittlung des Rezeptes sei der Versandweg länger. In einer öffentlichen Apotheke erhalte der Patient sein Medikament in aller Regel innerhalb weniger Stunden. „Auch vor dem Hintergrund der schnellen und vor allem sicheren Versorgung der Patienten mit qualitativ hochwertigen und einwandfreien Medikamenten ist das generelle Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln der richtige Weg“, schließt der Phagro seine Stellungnahme.

Die Apotheker mit Heim- oder Klinikversorgung sehen sich unmittelbar vom EuGH-Urteil betroffen. „Dieser beispiellose Eingriff in zentrale Grundprinzipien des deutschen Sozial- und Gesundheitswesens setzt sich ohne nachvollziehbare Begründung über die unionsrechtlich garantierte Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Sozial- und Gesundheitspolitik sowie für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung hinweg und widerspricht der Gesetzgebung der Union zu den Rahmenbedingungen der mitgliedstaatlichen Preis- und Erstattungsregelungen ebenso wie der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs“, kritisiert der BVKA wie schon in seiner vorangegangenen Stellungnahme zum Thema.

Um die „zerstörerischen Auswirkungen dieser Entscheidung auf die flächendeckende Arzneimittelversorgung“ zu verhindern, sei ein kurzfristiges Eingreifen des Gesetzgebers erforderlich: „Wir haben daher uneingeschränkt die Forderung des Deutschen Apothekertages unterstützt, durch ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die sich aus dem Urteil unmittelbar ergebende Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten der Versandapotheken mit Sitz im EU-Ausland auszuräumen, und bedauern, dass der dieses Ziel verfolgende Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums keine parlamentarische Mehrheit gefunden hat.“

Der BVKA hält die alternativ diskutierten Vorschläge zur Lösung der eingetretenen Probleme „für ungeeignet“. Diese gelte sowohl für die vorgeschlagene sozialrechtliche Einschränkung der Gewährung von Boni, als auch für den Ersatz der Preisbindung durch eine Höchstpreisregelung. Durch die nach beiden Vorschlägen vorgesehene Aufrechterhaltung des Versandhandels werde der ruinöse Verdrängungswettbewerb zwischen Kapitalgesellschaften mit Sitz im EU-Ausland und den dem Fremdbesitzverbot unterliegenden deutschen Apothekern nicht verhindert.

Dann verweist der BVKA auf die Buchpreisbindung. Ebenso diene die Preisbindung für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel dazu, die wirtschaftliche Grundlage für die Bereitstellung eines breiten Sortiments zu gewährleisten, das auch umsatzschwache Produkte umfassen müsse, und ein flächendeckendes wohnortnahes und niedrigschwelliges Angebot mit qualifizierter Beratung und Information sicherzustellen. Deshalb schlägt der BVKA als Alternative zum Rx-Versandverbot erneut ein Importverbot für Arzneimittel nur zum Zweck der Umgehung der deutschen Preisvorschriften vor.

Eine solche Änderung werde bei den im Bundestag vertretenen Parteien „ohne Weiteres mehrheitsfähig“ sein, weil sie die eingetretene Wettbewerbsverzerrung zulasten der deutschen Apotheken in unionsrechtlich erprobter Weise kurzfristig ausräume, ohne den Weg für weitere gesetzgeberische Maßnahmen zur nachhaltigen Weiterentwicklung einer qualitativ hohen, am Wohle des Patienten orientierten flächendeckenden Arzneimittelversorgung in der nächsten Legislaturperiode zu verschließen.

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