Apotheken-Rettungsschirm

Gesundheitsausschuss berät über AvP-Insolvenz

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Berlin -

Jetzt wird sich der Deutsche Bundestag doch noch mit der AvP Insolvenz befassen: Im Rahmen der Beratung des Apothekenstärkungsgesetzes (VOASG) wird der Gesundheitsausschuss am 7. Oktober über die Folgen der Insolvenz des Rechenzentrums für den Apothekenmarkt beraten. Wegen der Dringlichkeit des Anliegens wurde das ursprünglich für nächste Woche geplante Treffen der führenden Gesundheitspolitiker der Regierungskoalition auf heute Vormittag vorgezogen: Die Obleute von Union und SPD wollen dazu eine Änderung der Tagesordnung des Gesundheitsausschusses beschließen. Damit wäre die AvP-Insolvenz im Bundestag angekommen.

Seit Tagen wird der Ruf der von der AvP-Insolvenz betroffenen Apotheker und von Apothekerverbänden nach einem staatlichen Rettungsschirm immer lauter: Am 7. Oktober wollte die Koalition im Gesundheitsausschuss ursprünglich nur die letzten Änderungen am VOASG beschließen. Erwartet wird dazu vor allem der Änderungsantrag zur dauerhaften Honorierung des Botendienstes mit 2,50 Euro. Jetzt soll dort auch die AvP-Insolvenz zur Sprache kommen. Unklar ist, ob es im Gesundheitsausschuss neben der Beratung auch einen Antrag zu den Folgen der Insolvenz geben wird. Dem Vernehmen nach steht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) staatlichen Finanzhilfen für in Bedrängnis geratene Apotheken nach wie vor skeptisch gegenüber.

Gespannt dürfen die Apotheker daher sein, ob Spahn das AvP-Thema in der heute beginnenden Beratung des Bundeshaushalts 2021 ansprechen wird. Am Donnerstag steht der Haushalt des BMG auf der Tagesordnung. Das wäre für Spahn eine Gelegenheit, zur AvP-Problematik Stellung zu beziehen. Dem Vernehmen nach lässt Spahn sein Ministerium prüfen, ob und wie der Weg der Rezeptabrechnung gegen Insolvenzen sicherer gemacht werden kann.

Bislang hält sich die Politik noch mit Aussagen zur AvP-Insolvenz zurück: Mit Betroffenheit und Sorge beobachte man die Entwicklung bei AvP, sagte CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich gegenüber APOTHEKE ADHOC. Er sei von vielen Bundestagsabgeordneten auf die AvP-Insolvenz und deren Konsequenzen für die Arzneimittelversorgung angesprochen worden. „Wir beobachten das ganz genau“, so Hennrich. Allerdings sei es nicht so einfach für die Politik, für die betroffenen Apotheken einen Rettungsschirm aufzuspannen.

Laut Hennrich sind die Vorgänge bei AvP noch zu undurchsichtig. „Wir müssen erst mal Licht ins Dunkel bringen und die Arbeit des Insolvenzverwalters und der Staatsanwaltschaft abwarten“, sagte Hennrich. Die Vorgänge erinnerten ihn an den Wirecard-Skandal. Bevor die Politik eingreift, will Hennrich zunächst einmal abwarten, welche Unterstützung die betroffenen Apotheken von anderer Seite erhalten. Man habe zur Kenntnis genommen, dass die Apobank den Apotheken Überbrückungshilfen zugesagt habe. Auch der Großhandel zeige sich rücksichtsvoll. „Wenn das nicht reicht, müssen wir schauen, ob die Politik helfen kann“, so Hennrich. Das sei allerdings rechtlich schwierig. Man dürfe und könne keinen Präzedenzfall schaffen. Auch müsse EU-Recht im Auge behalten werden. Insbesondere dürften keine Verstöße gegen die Beihilferichtlinien der EU in Kauf genommen werden. Und das BMG teilte bislang nur mit: „AvP ist ein Fall für die Ermittlungsbehörden. Das Bundesgesundheitsministerium wird die weitere Entwicklung beobachten.“

Gestern hatte allerdings die Linken-Politikerin Sylvia Gabelmann bereits einen Rettungsschirm gefordert: „Das Abrechnungszentrum AvP hat an mehr als 3000 Apotheken im Durchschnitt jeweils über 100.000 Euro nicht ausgezahlt. Dadurch ist deren Existenz akut bedroht. Hier muss die Bundesregierung schnell helfen, damit eine möglicherweise betrügerische Insolvenz nicht Tausende von Arbeitsplätzen und die Arzneimittelversorgung für die Bevölkerung gefährdet! Ich sehe hier ganz klar die öffentliche Hand in der Pflicht.“

Auch auf Landesebene gibt es Stimmen für staatliche Hilfen: Robert-Martin Montag, gesundheitspolitischer Sprecher und parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Thüringer Landtag, erklärte, allein in Thüringen seien 60 Apotheker mit 80 Apotheken in Not. Teilweise hätten diese bis zu 150.000 Euro Zahlungsausfälle zu beklagen: „Wir diskutieren über die Sicherung von Versorgung in der Fläche – auch bei Apotheken. Durch die AvP-Pleite sind Apotheker unverschuldet in Not geraten. Die Landesregierungen müssen hier rasch den Apothekern unter die Arme greifen und die Liquidität sichern. Dies sollte mit Liquiditätshilfe in Form von zinsgünstigen Krediten mit kurzfristiger Tilgungsmöglichkeit geschehen. Ich sehe hier die Landes- und Aufbaubanken, sowie die KfW als kreditgebende Institute in der Pflicht“, so Montag und weiter: „Überdies müssen auch die Großhändler, die die Hauptgläubiger der in Schieflage geratenen Apotheken sind, den Pharmazeuten entgegenkommen. Dies kann beispielsweise durch Streckung von Fälligkeiten geschehen. Ziel muss es sein, Apothekeninsolvenzen durch die AvP-Pleite zu verhindern.“

Und in Westfalen-Lippe haben sich die Basisapotheker um Gunnar Müller an Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) gewandt: Sie wollen von Laumann wissen, wie viele Apotheken im Kammerbezirk von der AvP-Insolvenz betroffen sind. Kammer und Apothekerverband in Westfalen-Lippe ließen keine Bemühungen erkennen, diese Frage zu klären: „Leider haben wir von der AKWL als der zuständigen Körperschaft weder eine Antwort erhalten noch dahingehende Aktivitäten oder Abfragen seitens der AKWL wahrnehmen können. Deshalb wenden wir uns an Sie, Herr Minister Laumann, als den zuständigen Landesminister mit der Bitte um Klärung, wie viele Apotheken in den Landesteilen Westfalen und Lippe von der AvP-Insolvenz betroffen sind und welche Maßnahmen auf Landesebene getroffen werden, um eine drohende Anschlussinsolvenz von diesen Apotheken abzuwenden.“

 

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