Darf eine Apotheke abseits des Notdienstes Arzneimittel ausliefern lassen? Nicht, wenn es nach dem Oberlandesgericht Köln (OLG) geht. Hier unterlag ein Apotheker aus Nordrhein-Westfalen (NRW) erneut, der auch an Sonn- und Feiertagen über Mayd ausliefern wollte – diesmal im Berufungsverfahren. Denn auch Fahrradboten seien ohne Weiteres öffentlich bemerkbar und auch geeignet, die äußere Ruhe des Tages zu stören, entschied das Gericht am 12. Januar. Zuvor scheiterte Mayd bereits in Berlin, wo das Unternehmen gemeldet ist. Hier hat das Landgericht Berlin Mayd bereits im Sommer untersagt, Bestellungen auch an Sonn- und Feiertagen auszuliefern.
Die Wettbewerbszentrale hatte gegen den Lieferdienst geklagt, da aus ihrer Sicht die Auslieferung an Kund:innen einen „typisch werktäglichen Charakter“ habe. Laut Ladenöffnungszeiten- beziehungsweise Feiertagsgesetz des Landes NRW sind an Sonn- und Feiertagen alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten verboten, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu stören, sofern sie nicht besonders erlaubt sind. Weil damit auch den Konkurrenzkampf zu diesen Zeiten ausgeschlossen werden solle, verstößt das Angebot aus Sicht der Wettbewerbszentrale auch gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG).
Zwar ist laut Vorschrift Apotheken an Sonn- und Feiertagen die Öffnung gestattet, doch laut Gesetz müsse die zuständige Apothekerkammer regeln, dass ein Teil der Apotheken geschlossen sein muss. Im Rechtsstreit gegen den Apotheker hatte die Wettbewerbszentrale schon vor dem Landgericht Köln in erster Instanz gewonnen. In Berlin wurde gegen den Lieferdienst geklagt, weil das mit Millionenbeträgen ausgestattete Start-up hier seinen Sitz hat.
Mayd hatte in Köln erneut wie in Berlin argumentiert, dass die landesrechtlichen Vorschriften nicht anwendbar seien, weil ihnen mit § 23 ApBetrO anderslautendes Bundesrecht entgegenstehe. Danach gebe es eine ständige Dienstbereitschaft, von der sie zwar befreit, aber nicht gegen ihren Willen geschlossen werden könne. Auch dass der Produktversand in einem geschlossenen und der Öffentlichkeit unzugänglichen Raum vorbereitet und per Fahrradkurier ausgeliefert wird und somit niemanden störe, half nicht vor Gericht.
Der Beklagte verstoße durch seine Beteiligung an dem Lieferdienst gegen § 3 FeiertagsG NRW, so das aktuelle Urteil zur Revision. Die Abholung und Auslieferung der Bestellung durch Fahrradboten seien ohne Weiteres öffentlich bemerkbar und könnten ebenfalls die äußere Ruhe des Tages stören. Die Auslieferung der Bestellungen habe einen typisch werktäglichen Charakter und sei für Verbraucher insbesondere bei Postdienstleistungen und der Auslieferung von Lebensmitteln präsent. Sie führe zudem zu einem stetigen Lieferverkehr in der Apotheke des Beklagten und damit zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen, das an werktägliche Lebensvorgänge und -zustände erinnere.
Apothekenrecht und Ladenöffnungsgesetze stünden auch nicht in Widerspruch: Dass in § 23 ApBetrO dem Wortlaut nach keine Schließungsanordnung vorgesehen sei, ändere daran nichts, weil die Vorgabe nicht abschließend sei: Bei der Streichung des Verweises auf die Ladenschlussgesetze im Zuge der Förderalismusreform sei schlichtweg davon ausgegangen worden, dass die Länder den Ladenschluss künftig selbst regeln würden.Dies liege auch auf der Hand, da Apotheken neben der Öffnungszeiten ausschließlich im Rahmen des Notdienstes die ordnungsgemäße Versorgung mit Arzneimitteln sichern sollen, hieß es im vergangenen Jahr.
Der beklagte Apotheker versuchte zu argumentieren, dass im Falle des Notdienstes nur vier diensthabende Apotheken für das gesamte Stadtgebiet bereitstünden und somit der von ihm angebotene Lieferdienst eine sinnvolle und kundenfreundliche Ergänzung sei. Die Auslegung des § 23 ApoBetrO durch das Landgericht sei fehlerhaft. Zudem sei das Verbot unverhältnismäßig. Ein Verstoß gegen § 3 FeiertagsG NRW liege nicht vor, weil es nicht zu störendem Publikumsverkehr komme, nachdem die Apotheke von außen betrachtet nicht als betriebsbereit erkennbar sei. Die angeführten Prozessmängel stehen der Wirksamkeit des angefochtenen Urteils ebenfalls nicht entgegen, so das Gericht.
Trotz erneuter Niederlage ist der Fall nicht abschließend geklärt: Die Revision für den Beklagten ist zugelassen, so das Gericht, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung habe. Zwar sei die Frage nach der Reichweite des § 23 ApoBetrO eindeutig zu beantworten, doch eine gefestigte höchst- oder obergerichtliche Rechtsprechung liege nicht vor. Es gebe gegenteilige Auslegungen, außerdem könne sich die Frage in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen. „Für den betroffenen Berufsstand der Apothekerinnen und Apotheker kommt der Frage eine jedenfalls nicht unerhebliche tatsächliche und wirtschaftliche Bedeutung zu, was ebenfalls die Annahme der Grundsatzbedeutung rechtfertigt“, so das Gericht abschließend. Eine Revision ist durch das OLG somit zugelassen. Sollte der Apotheker davon Gebrauch machen, geht die Sache vor den Bundesgerichtshof (BGH).
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