AOK gewinnt beim BSG

Gericht segnet 200.000-Euro-Retax ab

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Berlin -

Schwerer Schlag für kurz vor Weihnachten: Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 20. Dezember Retaxationen in Höhe von rund 200.000 Euro gegen einen Apotheker aus Neuruppin für rechtens erklärt. Dieser hat erfolglos gegen einen Vertrag zwischen der AOK Nordost und seinem Landesapothekerverband (LAV) geklagt.

Der LAV Brandenburg hatte im Jahr 2007 eine „ergänzende Vereinbarung“ mit der AOK geschlossen. Diese beinhaltete die Vorgabe, dass Rezepturen monoklonaler Antikörper nur als Fertigarzneimittel abgerechnet werden können, sowie einen Rabatt von 1,75 Prozent pro Rezeptzeile. Hintergrund war, dass die Kasse seinerzeit den Herstellerabschlag kassieren wollte. Sie kannte aber die verwendeten Fertigarzneimittel nicht, weil jeweils eine patientenindividuelle Rezeptur verordnet war.

Da mehrere Zyto-Apotheker die Vereinbarung nicht anerkannten und weiter nach Hilfstaxe abrechneten, retaxierte die Kasse. Der Apotheker aus Neuruppin klagte dagegen. Aus seiner Sicht war die Umwidmung einer verordneten Rezeptur in ein Fertigarzneimittel ein Eingriff in die ärztliche Therapiehoheit. Die ergänzende Vereinbarung zwischen AOK und LAV sei daher unwirksam. Der Verband habe kein Mandat für einen solchen Vertrag gehabt, zudem seien die vereinbarten Preise nicht auskömmlich.

Schon im September 2013 entschied das Sozialgericht Neuruppin zugunsten der Kasse. Im Dezember 2016 bestätigte das Landessozialgericht Brandenburg (LSG) die Entscheidung. Demnach handelte es sich bei der Vereinbarung zwischen Kasse und LAV um eine wirksame rechtliche Grundlage für eine Retaxierung. Der Apotheker ging gegen diese Entscheidung in Revision – und unterlag abermals. Laut BSG ist der Ergänzungsvertrag „durch eine konkludente nachträgliche Genehmigung des beklagten Apothekerverbandes mit Wirkung ex tunc wirksam geworden“. Das bedeutet von Beginn an, man könnte auch sagen rückwirkend.

Der LAV habe hat in den gesamten Auseinandersetzungen die Auffassung vertreten, der Vertrag mit der AOK sei rechtswirksam und dass sich die Apotheker daran halten müssen. Verband und Kasse waren zum Abschluss einer solchen Vereinbarung laut BDG auch ermächtigt. Das gesetzliche Regelungssystem ermögliche nicht nur – damals noch zulässige – Einzelverträge zwischen Kasse und Apotheke, sondern auch ergänzende Regelungen. Das Sozialgesetzbuch (SGB V) lasse zudem Vereinbarungen zu, die von dem grundsätzlich einheitlichen Apothekenabgabepreis abweichen können. Der Zytostatikabegriff umfasse auch monoklonale Antikörper.

Aus Sicht der Zyto-Apotheker hätte der LAV vor Abschluss einer solchen Vereinbarung Rücksprache halten müssen, da nur 14 der rund damals 650 Mitglieder in diesem Bereich tätig seien. Ein „Minderheitenschutz“ ist aber laut BSG nicht geboten, die Apotheken seien schließlich frei, einem LAV beizutreten oder fernzubleiben. „Anhaltspunkte für einen Machtmissbrauch der mehrheitlich im Verband vertretenen Mitglieder auf Kosten der Minderheit sind nicht ersichtlich“, so das BSG. Die vom Apotheker gerügten Verfahrensmängel griffen nicht durch.

Eine zentrale inhaltliche Frage wurde in dem Verfahren gar nicht geklärt, nämlich ob Verband und Kasse den Apothekern vorgeben dürfen, Rezepturen als Fertigarzneimittel abzurechnen. Letztlich ging es um die Frage, ob die Ergänzungsvereinbarung eine Grundlage für Retaxationen sein konnte.

Theoretisch bliebe dem Apotheker jetzt noch die Möglichkeit, das Urteil vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anzugreifen. Die Erfolgsaussichten sind aber in der Regel gering. Der klagende Apotheker will nun zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und sich mit seinem Anwalt besprechen, sagte er gegenüber APOTHEKE ADHOC. Die wirtschaftliche Belastung der sechsstelligen Retaxation ist ohnehin schon durch.

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