Das Chaos um die Gültigkeitsdauer von Genesenenzertifikaten hat Konsequenzen für das Robert Koch-Institut (RKI): Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach (SPD) will der Behörde die Verantwortung entziehen, die Gültigkeitsdauer selbstständig festzulegen. Das soll heute auf der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) beschlossen werden.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will künftig selbst entscheiden, wie lange Genesenenzertifikate gültig sind. Mit „den Festlegungen zum Geimpften- und Genesenenstatus“ solle künftig nicht mehr an das Paul-Ehrlich-Institut und Robert-Koch-Institut delegiert werden, heißt es dazu in der MPK-Beschlussvorlage für das Treffen am Mittwoch. Die Verantwortlichkeit des RKI ist bisher in der Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung festgeschrieben. „Über tiefgreifende Entscheidungen wie etwa den Genesenenstatus möchte ich selbst und direkt entscheiden“, bestätigte Lauterbach seine Pläne am Mittwoch gegenüber der Bild-Zeitung. „Sonst trage ich die politische Verantwortung für das Handeln anderer.“
Zuvor hatte er beteuert, von der Verkürzung der Gültigkeit des Genesenenstatus von 180 auf 90 durch RKI-Chef Dr. Lothar Wieler vorab nicht informiert worden zu sein. „Dass er diesen Beschluss auf die Homepage gestellt hat, (…) das wusste ich nicht, das wird auch nicht mehr vorkommen“, so Lauterbach gegenüber der Bild. Er sei damit „nicht zufrieden gewesen“ und habe sich im Anschluss mit Wieler über den Vorgang ausgetauscht.
Gleichzeitig betonte Lauterbach, trotz der Spannungen der vergangenen Wochen, an Wieler festzuhalten. „Er hat zwei Jahre lang eine sehr wichtige und gute Arbeit gemacht und genießt weiter mein Vertrauen. So einfach ist das“, sagte Lauterbach. „Trotzdem sage ich, das hier war nicht in Ordnung und wird auch nicht wiederholen.“ Wieler war in den vergangenen Wochen immer stärker in die Kritik geraten, sowohl seitens der Öffentlichkeit als auch vereinzelter Politiker. Denn es war nicht das erste Mal, dass sich Lauterbach vor einer Entscheidung Wielers überrascht zeigte: Ende Dezember hatte das RKI kurz vor den Bund-Länder-Beratungen zu Corona-Maßnahmen ein eigenes Papier mit Empfehlungen vorgelegt. Die darin geforderten „maximalen Kontaktbeschränkungen“ ginge weit über das hinaus, was der Expertenrat der Bundesregierung kurz zuvor gefordert hatte – und dem auch Wieler selbst angehört. Schon damals wurden Forderungen laut, Wieler seines Amtes zu entheben. Doch Lauterbach hielt auch damals trotz der Irritationen am RKI-Chef fest.
Ungleich größer waren in den vergangenen Wochen jedoch die Irritationen bezüglich der Gültigkeit von Genesenenzertifikaten. Von deren Kürzung im Januar blieb die Gültigkeit im EU-Ausland unberührt, ein in Deutschland ausgestelltes Zertifikat war damit hierzulande 90 Tage gültig, in anderen EU-Staaten aber 180 Tage. Die 90-Tages-Frist galt dabei nur für ungeimpfte Menschen.
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