Die AOK Baden-Württemberg sucht zum 17. Mal neue Rabattpartner: 58 Wirkstoffe und Kombinationen hat die Kasse federführend für alle AOKen ausgeschrieben. Das Umsatzvolumen der Ausschreibung beziffert die AOK auf 1,1 Milliarden Euro. Wie in früheren Ausschreibungen sollen sich die Unternehmen verpflichten, den Apotheken ausreichend Präparate zur Verfügung zu stellen.
Die neuen Verträge lösen überwiegend die der 13. Tranche ab. Sie sollen im Oktober beginnen und zwei Jahre laufen. Die Hersteller können bis Anfang April ein Gebot für einzelne oder alle acht Gebietslose abgeben. „Bei der Auswahl unserer Vertragspartner geht es beileibe nicht nur um den Preis, sondern insbesondere um eine sichere Versorgung unserer Versicherten“, so Dr. Christopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg. Die Zuverlässigkeit eines Unternehmens sei deshalb ein entscheidendes Auswahlkriterium.
Wie schon bei der 15. und 16. Tranche, die Juli beziehungsweise September ausgeschrieben wurden, setzt die Kasse auf eine Art Liefergarantie: Die Hersteller verpflichten sich in einer Bevorratungsklausel, sicherzustellen, dass zum Start der Verträge in allen Apotheken ein angemessener Vorrat zur Verfügung steht.
Zur Berechnung zieht die AOK die erwarteten Wirkstoffmengen heran. Die Kassen rechnen mit durchschnittlichen Umsetzungsquoten von 70 Prozent im Ein-Partner-Modell und 90 Prozent im Drei-Partner-Modell. Entsprechend müssen Exklusivpartner 70 Prozent der Nachfrage abdecken können und Unternehmen im Drei-Partner-Modell jeweils 30 Prozent. Von dieser Menge müssen 15 Prozent zum Start der Verträge zur Verfügung stellen.
Vier besonders häufig verordnete Wirkstoffe sollen in dieser Runde an jeweils drei Unternehmen vergeben werden: Candesartan, Metformin, Metoprolol und Rasagilin. „Damit gehen wir in puncto Lieferfähigkeit absolut auf Nummer sicher“, so Hermann. Die übrigen 54 Wirkstoffe und Kombinationen sollen exklusiv an einen Hersteller gehen.
Hermann verteidigte die Rabattverträge als „eine sichere Bank in puncto wirksamer Ausgabensteuerung“. Währenddessen würden „einzelne Pharmaunternehmen mit ihren Preisen für neu zugelassene Arzneimittel offenbar die Grenzen der Belastungsfähigkeit der Beitragszahler austesten wollen“.
Mit Blick auf den Pharma-Dialog der Bundesregierung erklärte der AOK-Chef: „Es ist kein Geheimnis, dass die Pharmalobby nicht nur am Verfahren zur Nutzenbewertung neuer Medikamente sägt, sondern auch auf das vorzeitige Ende des gesetzlichen Herstellerrabatts und des Preismoratoriums drängt.“ Allein der Wegfall des Preismoratoriums würde die Ausgaben der Krankenkassen aber voraussichtlich um mehr als drei Milliarden Euro jährlich in die Höhe treiben. „Deshalb bleiben die Arzneimittelverträge für die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung von zentraler Bedeutung“, so Hermann.
Als Beleg führt die Kasse Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) heran: Demnach haben die Krankenkassen mithilfe der Rabattverträge von Januar bis September 2015 rund 2,5 Milliarden Euro gespart. Die Effekte der Verträge lägen damit 13 Prozent über denen der ersten drei Quartale 2014.
Ende Juli hatte die AOK Baden-Württemberg die 15. Ausschreibung über insgesamt 117 Wirkstoffe und Kombinationen veröffentlicht. Hydromorphon hydrochlorid, Morphin und Oxycodon wurden später ausgenommen und im September als 16. Tranche ausgeschrieben. Die Zuschläge gingen in den einzelnen Losgebieten an Actavis, Aliud und Heumann, Neuraxpharm, 1A, Ethypharm, Heumann, Aliud und Teva/Ratiopharm beziehungsweise Aliud/Actavis, Zentiva/Sanofi und Heumann.
Zusammen mit der 15. Tranche starten die Verträge im April. Die AOK hat in dieser Runde Verträge mit 45 Herstellern über 104 Wirkstoffe in 106 Fachlosen geschlossen. Das Umsatzvolumen beziffert die AOK auf 1,7 Milliarden Euro. Zu den besonders umsatzstarken Wirkstoffen der 15. Tranche zählt Pantoprazol. Den Zuschlag erhielten Aurobindo, Pensa und TAD für jeweils alle Losgebiete.
Bei 21 Fachlosen setzte die Kasse auf Verträge im Drei-Partner-Modell, neben Pantoprazol etwa Amoxicillin, Betamethason, Buprenorphin-S, Cefpodoxim, Clindamycin, Levothyroxin, Montekulast, Ofloxacin, Salbutamol und Venlafaxin. Die Verträge laufen bis Ende März 2018 und ersetzen zu großen Teilen die Vereinbarungen der zwölften Tranche. Hinzugekommen sind einzelne Wirkstoffe, die mittlerweile patentfrei geworden sind, beispielsweise Aripiprazol und Eplerenon (beide Heumann).
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