Generalanwalt stärkt Gesundheitsschutz Patrick Hollstein, 09.09.2008 18:36 Uhr
Im Bereich der Gesundheitsversorgung stehen Niederlassungsbeschränkungen nicht im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht, sofern sie fair und nachvollziehbar ausgestaltet sind. Zu dieser Einschätzung kommt der EU-Generalanwalt Yves Bot in seinen Schlussanträgen zu einem Vorlageverfahren aus Österreich. Im konkreten Fall ging es um die Frage, ob Antragsverfahren für die Neugründung von Zahnambulatorien in Österreich eine unrechtmäßige Einschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellen.
Die österreichische Elektronik- und Optikerkette Hartlauer hatte über ihre deutsche Tochtergesellschaft beim österreichischen Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen ablehnende Bescheide der Wiener und der oberösterreichischen Landesregierung eingereicht. Die zuständigen Behörden hatten keinen Bedarf für die von Hartlauer geplanten Ambulatorien gesehen und die Betriebserlaubnis verweigert.
Laut Bot stellt die Bedarfsplanung zwar eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, zumal medizinische Versorgungsleistungen wirtschaftliche Tätigkeiten seien. Doch dem Generalanwalt zufolge sind Bewilligungsverfahren geeignet, eine „quantitativ hochwertige und ausgewogene sowie allen Versicherten zugängliche medizinische Betreuung zu gewährleisten und ein finanzielles Gleichgewicht des nationalen Systems der sozialen Sicherheit zu garantieren“.
Laut Bot dient die Beschränkung der Anbieterzahl dem Ziel, die bereits auf dem Markt etablierten Leistungserbringer mit Kassenverträgen vor der Konkurrenz zu schützen. Private Versorger würden sich sonst mit wirtschaftlich günstigeren Leistungsangeboten befassen, während die Vertragspartner der Krankenkassen einen umfassenden Katalog von Leistungen anbieten müssten, von denen manche unwirtschaftlich seien.
Nun müssen die EU-Richter prüfen, ob sie den Ausführungen des Generalanwalts folgen werden. In der Regel ist dies der Fall. Dann könnte die Einschätzung als Richtungsentscheid gelten: Die EU-Kommission moniert in einigen ihrer Vertragsverletzungsverfahren nämlich auch die Niederlassungsbeschränkungen für Apotheken. Bot wird am 16. Dezember jedoch zunächst seine Schlussanträge zum Fremdbesitzverbot stellen.
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