EuGH-Spezial

Gemeinnützige Konzerne Patrick Hollstein, 05.09.2008 09:21 Uhr

Luxemburg - 

Sind Konzerne am Ende philanthroper als unabhängige Apotheker? Davon gehen laut Evi Skandalou, Bevollmächtigte der griechischen Regierung, EU-Kommission und Kettenbefürworter offenbar aus. Anders ließe sich nicht erklären, warum Kapitalgesellschaften sonst Apotheken gründen sollten, nur um den angestellten Pharmazeuten alle wichtigen Entscheidungen zu Fragen des Sortiments und des Betriebs von Apotheken zu überlassen.

Laut Skandalou ist die Marktfreigabe mit zwei wesentlichen Unsicherheiten behaftet: Wird der Manager einer Kapitalgesellschaft tatsächlich die Leitung der Apotheke an einen angestellten Apotheker abgeben und dessen Entscheidungen akzeptieren und wie kann dessen tatsächliche Unabhängigkeit von den Weisungen und Richtlinien des Arbeitgebers sichergestellt werden?

Der griechischen Vertreterin zufolge wäre dies einmalig in der Welt, wenn Konzerne zuschauen, wie Angestellte die Führung übernehmen. Es bestünden vielmehr berechtigte Zweifel, dass Berufsfremde sich leiten lassen von pharmazeutischen Erwägungen und das Allgemeininteresse gewahrt werden könne. Apotheken seien eben nicht bloße Handelsunternehmen auf dem freien Markt, sonder in ihrer Unabhängigkeit eine wesentliche Grundlage für ein funktionierendes Gesundheitswesen.

Skandalou glaubt nicht, dass sich die Entscheidungsfreiheit der angestellten Apotheker garantieren lässt. „Ich bin überzeugt, dass sie sehr schnell eingeschränkt werden kann, und sich die Abgabe nicht am Interesse des Patienten, sondern den erhaltenen Weisungen orientiert.“ Skandalou wies auch drauf hin, dass die pharmazeutischen Hilfskräfte vermutlich einem noch viel größeren Druck ausgesetzt würden, da für sie keine vergleichbaren ethischen Pflichten und damit Ausschlussmöglichkeiten gegenüber fachfremden Weisungen bestünden.

„Die Natur der Aufgabe der Apotheke wird auf den Kopf gestellt, und das Schutzniveau wird definitv leiden“, so Skandalou, die bereits im so genannten Optiker-Streit ihr Heimatland vertreten hatte. „Wir dürfen Leben und Gesundheit nicht dem Zufall überlassen. Es reicht aus, dass das Risiko vorliegt; es muss nicht erst eintreten.“

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