BMWi-Leaks

Geller: Ich habe nur meine Pflicht getan

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Berlin -

Lange wurde über die Abschaffung der Importförderklausel im Zuge der GSAV-Beratungen gestritten. Am Ende übernahm die Bundesregierung die Regelung des zwischen Deutschen Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband ausgehandelten Rahmenvertrages. Einfluss genommen darauf hat auch Jörg Geller, Geschäftsführer von Importeur Kohlpharma. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC erklärt Geller seine Rolle: Als Lobbyist sieht er sich nicht und sagt: „Ich habe nur meine Pflicht getan.“       

ADHOC: Herr Geller, Sie sind durch die Veröffentlichung Ihrer Lobbyaktivitäten ins politische Rampenlicht gerückt. Wie empfinden Sie das?
GELLER: Ich sehe darin ganz eindeutig den Versuch, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier als CDU-Politiker anzugreifen. Es ist ja Wahlkampf. Kommenden Sonntag werden die Landtage von Brandenburg und Sachsen neu gewählt. Es ging bei der jetzigen Veröffentlichung offensichtlich nicht so sehr um den Import. Man will Altmaier und der CDU Schaden zufügen. Das ist mein Eindruck. Importe sind hier nur das Vehikel.

ADHOC: Wie ist das denn damals mit Ihrer Lobbyarbeit gelaufen?
GELLER: Kohlpharma feiert jetzt seien 40. Geburtstag, wir sind seit 40 Jahren am Markt. Seit 40 Jahren kämpfen wir für unser Geschäftsmodell, weil es natürlich insbesondere auf Seiten der im vfa [Verband forschender Arzneimittelhersteller, Anm. d. Red.] zusammengeschlossenen Arzneimittelhersteller Interessen gibt, Importe zu behindern. Importe haben die Hersteller seit 40 Jahren daran gehindert, die Preise zu verlangen, die sie gerne nehmen würden. Es ist doch unbestritten, dass die Importeure Einsparungen in erheblicher Höhe für die Krankenkassen erzeugen. Es wird viel über die Höhe der Einsparungen diskutiert. Man kann aber ganz einfach durch die Menge der Importe und die Preise errechnen, wie hoch diese sind. Sie liegen bei 260 Millionen Euro. Darum geht es.

ADHOC: Ist das tatsächlich so viel Geld angesichts der Milliardensummen im Gesundheitswesen?
GELLER: Ich denke schon. Wir befinden uns vor einer Rezession. Die Weltwirtschaft rumpelt, die Exporte gehen zurück, wir stehen vor einem ungeregelten Brexit. Das alles sind keine guten Perspektiven. Es wird also dazu kommen, dass die Krankenkassen nicht mehr, sondern eher weniger Geld haben werden. Die Kassen werden sich daher noch intensiver mit Einsparungen beschäftigen müssen. Da sind 260 Millionen Euro nicht wenig, und es gibt indirekt Einsparungen in Höhe von circa 3 Milliarden Euro. Das ist immerhin fast doppelt so viel, wie sich die Apotheker vom Apothekenstärkungsgesetz für zusätzliche Dienstleistungen erhoffen. Auch der intensive Kampf um das GSAV erklärt sich ja nur, weil sich die Unternehmen davon spürbare Effekte erhofft haben. Nur so macht das Sinn.

ADHOC: Aber das GSAV war die politische Antwort auf die jüngsten Arzneimittelskandale.
GELLER: Gegen Lunapharm gibt es bis heute noch kein abgeschlossenes Verfahren. Stattdessen klagt Lunapharm gegen die Landesregierung in Brandenburg auf 70 Millionen Euro Schadenersatz. Man muss mal abwarten, wie das ausgeht. Durchsichtig ist aber doch, dass der Vorstoß der damaligen Gesundheitsministerin des Landes, Diana Golze, die Importförderklausel zu streichen, nur dazu dienen sollte, vom Versagen der Behörden in Brandenburg abzulenken.

ADHOC: Sie haben sich als Kohlpharma-Geschäftsführer als erfolgreicher Lobbyist erwiesen. Wie ist das gelaufen? Haben Sie auch mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) persönlich gesprochen oder mit dem Saarländer Heiko Maas (SPD)?
GELLER: Ich sehe mich nicht als Lobbyist, ich bin kein Lobbyist. Ich habe als Kohlpharma-Geschäftsführer nur meine Pflicht getan. Mit Heiko Maas habe ich nicht gesprochen, er ist ja Außenminister. Auch mit Jens Spahn habe ich nicht persönlich darüber gesprochen. Wir haben allerdings – wie viele andere auch – im Rahmen der Anhörungen und parlamentarischen Beratungen unsere Möglichkeiten genutzt, Stellungnahmen abzugeben, mit Gesundheitspolitikern zu kommunizieren und dabei auf unsere Positionen aufmerksam zu machen. Das ist das ganze normale Geschäft der Interessenvertretung. Das haben alle anderen auch getan.

ADHOC: Zwischenzeitlich war die Streichung der Importförderung im Gespräch.
GELLER: Das war kein offizieller Entwurf, der wurde irgendwie geleakt, der ist auch rasch wieder in der Versenkung verschwunden. Wir haben unserer Stellungnahmen zu allen Entwicklungen selbstverständlich auch Peter Altmaier als unserem zuständigen Wahlkreisabgeordneten zugeleitet. In der Zwischenzweit gab es dann ja die Vereinbarung im neuen Rahmenvertrag zwischen DAV und dem GKV-Spitzenverband. Daraufhin haben wir dann gesagt, warum sollte die Politik eine andere Lösung suchen, wenn sich die Selbstverwaltung bereits geeinigt hat.

ADHOC: Wie kam es zu dem Telefonat mit Altmaier?
GELLER: Wir haben das BMWi angeschrieben und vorgeschlagen, die Regelung aus dem Rahmenvertrag zu übernehmen. Dann hat sich Herr Altmaier über die ökonomischen Auswirkungen erkundigt, für die Krankenkassen und alle anderen Beteiligten. Das hat ihn interessiert. Darüber hat er sich in einem Telefonat mit mir erkundigt.

ADHOC: Wie lange hat das Telefonat gedauert?
GELLER. Das war ein kurzes Gespräch von wenigen Minuten, kürzer jedenfalls als unser Interview. Herr Altmaier hat keine Zeit für lange Gespräche.

ADHOC: Was haben sie ihm gesagt?
GELLER: Ich habe gesagt, wenn die Politik eine neue Regelung zur Importförderung machen will, dann soll sie die bereits getroffene Regelung des Rahmenvertrages übernehmen. Das würde Sinn machen. Mehr war da nicht. Außerdem: Nicht Herr Altmaier und Herr Spahn machen die Gesetze. Das GSAV hat einen langen parlamentarischen Beratungsweg durchlaufen. Da haben noch viele versucht, Einfluss zu nehmen.

ADHOC: Sie erwarten, dass die neue Importquote aus Sorge der Apotheker vor Konsequenzen übererfüllt wird.
GELLER: Das ist ein verkürztes Zitat und betrifft nur einen Teilmarkt des Imports mit der 2-prozentige Ersparnis. Die Regelung ist so kompliziert, dass die Apotheker die Erfüllung kaum abschätzen können. Das wird es dort zu Übererfüllungseffekten kommen. Für diese komplizierte Regelung ist der DAV mitverantwortlich. Die Apotheker können sich dafür bei DAV-Chef Fritz Becker bedanken. Uns wäre eine einfachere Regelung lieber gewesen. Da kann ich den DAV nicht verstehen.

ADHOC: Diese neue Regelung ist seit Kurzem in Kraft. Läuft es so wie Sie erwarten?
GELLER: Natürlich. Der Markt für Importartikel wächst derzeit.

ADHOC: Wie stark?
GELLER: Das kann ich noch nicht quantifizieren. Dafür ist es noch zu früh. Aber die Tendenz ist klar.

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