Das überraschend hohe Maß an Vertraulichkeit wurde in den Sondierungsgesprächen von allen Beteiligten gelobt, dabei soll es auch in den heute beginnenden Koalitionsverhandlungen bleiben. Zwar ist bekannt, welche Vertreter SPD, Grüne und FDP in die 22 Arbeitsgruppen entsenden. Aber wann und wo sie sich treffen und welche Themen auf der Agenda stehen, soll Geheimsache bleiben.
Bis 10. November sollen die Arbeitsgruppen in ihren jeweiligen Fachbereichen gemeinsame Positionen erarbeiten, die Grundlage für einen Koalitionsvertrag bilden sollen. Auch kritische Punkte sollen so weit wie möglich geklärt werden, damit Olaf Scholz am 6. Dezember als neuer Bundeskanzler vereidigt werden kann.
In einem Leitfaden haben die Parteizentralen nur die Grundlagen für die Gespräche in groben Zügen vorgegeben. Wann und wo sich die Arbeitsgruppen treffen, liegt demnach in deren eigenem Ermessen. Verhandlungen können an allen Tagen stattfinden, mit Ausnahme der Wochenenden und dem 3. November. Die Gespräche sollen sich nicht bis spät in die Nacht ziehen, sondern zwischen 11 und 17 Uhr stattfinden. So soll ausreichend Zeit für die Vor- und Nachbereitung zur Verfügung stehen. Die Organisation sollen die Arbeitsgruppe eigenständig übernehmen, nur bei der Raumbuchung sollen die Parteizentralen behilflich sein.
Damit die Arbeit bis zum Schluss vertraulich bleibt, sollen keine gemeinsamen Wortprotokolle erstellt werden. Nur die Ergebnisse der jeweiligen Verhandlungsrunden sollen in einem gemeinsamen Arbeitsdokument festgehalten werden.
Um die Arbeit effizient zu organisieren, sollen die Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse und Zwischenstände als Fließtext formulieren. Wo immer möglich, sollen Kompromisse gefunden werden, die Überweisung strittiger Punkte soll die Ausnahme bleiben. Dann sollen die entsprechenden Formulierungsvorschläge beziehungsweise dazugehörigen Alternativvorschläge in den jeweiligen Parteifarben Rot, Grün oder Gelb markiert werden. Ist eine Textstelle farbig gekennzeichnet und außerdem durchgestrichen, so ist die entsprechende Partei nicht einverstanden, die beiden anderen Parteien sind es dagegen.
Herauskommen soll am Ende ein gemeinsames Arbeitspapier im Umfang von drei Seiten (4er AGs) beziehungsweise fünf Seiten (6er AGs) – „Schriftgröße 11, Calibri, Zeilenabstand 1,5“. Ein kurzer Absatz soll zunächst die Zielsetzung für die kommende Legislatur vorgeben, danach sollen zentrale Maßnahmen und konkrete Verabredungen aufgeführt werden. Am Ende sollen Schnittstellen und Widersprüche zu anderen Arbeitsgruppen aufgelistet werden sowie offene Punkte („Themenbacklog, sollte am Ende leer sein“) und erforderliche Zustimmungen des Bundesrats. Tabellarisch sollen finanzwirksame Maßnahmen und deren Umfang („konsumptiv/investiv“, „haushaltwirksam oder Finanzierung über anderen Weg“) aufgelistet werden.
Bürgerinnen und Bürger hätten bei der Bundestagswahl entschieden, dass Deutschland einen Aufbruch brauche, heißt es in dem Leitfaden. „SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Freie Demokraten fühlen uns gemeinsam dem Fortschritt verpflichtet und nehmen den Auftrag der Wählerinnen und Wähler an, zu versuchen, eine gemeinsame Regierung mit diesem Ziel zu bilden. Im Bewusstsein der unterschiedlichen Traditionen und Wertevorstellungen unserer Parteien wollen wir ein neues, innovatives Bündnis zusammenbringen.“
Gemeinsamer politischer Stil werde die „klare Benennung der Herausforderungen, die Akzeptanz der unterschiedlichen Perspektiven und die sachliche Bearbeitung der Themen mit dem Ziel funktionierender Lösungen“ sein. „Wir sind davon überzeugt, dass wir vertrauensvoll zusammenarbeiten und einen tragfähigen und verantwortungsvollen Koalitionsvertrag schließen können.“ In diesem Geiste und basierend auf den Sondierungsvereinbarungen starte man in die Koalitionsgespräche und die Zusammenarbeit in den Arbeitsgruppen.
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