„Das sehen wir ganz entspannt“

Gehe-Modellprojekt: Kammer hält sich raus

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Berlin -

In Schleswig-Holstein startet Gehe gemeinsam mit der AOK Nordwest ein Modellprojekt zu Grippeimpfungen in Apotheken. Es ist bereits das fünfte, aber das erste ohne die Beteiligung von Verband und Kammer. Hat der Großhändler der Standesvertretung die Butter vom Brot genommen? Keineswegs, versichert Kammerpräsident Dr. Kai Christiansen: „Das sehen wir ganz entspannt.“ Als Standesvertretung eines kleinen Bundeslandes habe man schlicht keine freien Kapazitäten für so ein Projekt gehabt.

Nordrhein, Saarland, Oberpfalz, Niedersachsen – in dieser Reihenfolge wurden bereits Modellprojekte zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken gestartet, stets in Partnerschaft aus Standesvertretung und einer Krankenversicherung. In Schleswig-Holstein sei das schlicht nicht machbar gewesen: „Das war eine rein personelle Frage“, erklärt Christiansen. „Wir sind von der Größe nicht mit Nordrhein oder Niedersachsen zu vergleichen. Unsere Kapazitäten waren so gebunden, dass wir erst einmal geschaut haben, was in anderen Modellprojekten umgesetzt wird.“

Das sei auch schon die ganze Begründung dafür, dass Kammer und Verband im Norden noch nicht aktiv geworden sind. „Dass von Kammer oder Verband kein Modellprojekt ins Leben gerufen wurde, bedeutet nicht, dass wir gegen Grippeimpfungen in Apotheken wären – ganz im Gegenteil“, so Christiansen. „Da hat Gehe die Lücke gefüllt und die Gesetzeslage lässt es ja explizit zu, das verschiedene Organisationen aus dem Apothekenumfeld solche Projekte starten.“

Eine Beteiligung oder Zusammenarbeit gebe es aber trotzdem nicht, nicht einmal einen Informationsaustausch. „Es gibt keine offizielle Kommunikation zwischen Gehe oder der AOK und den berufspolitischen Vertretungen bezüglich des Projekts“, so Christiansen. „Allerdings hat Gehe sich an eine Reihe von Apotheken gewandt, um deren Interesse an der Teilnahme am Modellprojekt zu erfragen.“ Auch bei den Impf-Fortbildungen für die Apotheke spielen Verband und Kammer demnach keine Rolle – was jedoch nicht heiße, dass die Kammer in dem Bereich untätig sei. „Auch wenn wir kein eigenes Modellprojekt haben, bereiten wir uns in der Fortbildungsakademie vor, Apotheker künftig für die Verabreichung von Grippeimpfungen zu schulen.“

Beim Gehe-Projekt werden die Schulungen nach Unternehmensangaben durch den Großhändler durchgeführt. „Gehe bietet hierfür über die eigene Akademie ein entsprechendes Schulungsangebot an. Die ersten Termine für Theorie und Praxis werden, abhängig von den Entwicklungen der Corona-Pandemie, schnellstmöglich im Frühsommer stattfinden“, so Aline Seifert, Mitglied der Geschäftsführung bei Gehe und Vorsitzende der Geschäftsführung der Muttergesellschaft Alliance Healthcare Deutschland (AHD).

In Schleswig-Holstein sollen sich nach Angaben von Gehe und AOK Nordwest noch im Laufe dieses Jahres 150 Apotheken an dem Modellprojekt beteiligen. Zur Modellregion sollen Lübeck, Kiel, Flensburg, Schleswig, Rendsburg und Eckernförde sowie die Kreise Dithmarschen, Nordfriesland, Schleswig-Flensburg, Rendsburg-Eckernförde, Plön und Ostholstein gehören. Mit den ersten Impfungen sei noch im Laufe dieses Jahres zu rechnen. Die logistischen Vorbereitungen würden bereits jetzt anlaufen, darunter auch die Erarbeitung der Beitrittserklärungen der Apotheken und die Qualifizierung der Apotheker:innen.

Grundlage für das Projekt ist das zum 1. März 2020 in Kraft getretene Masernschutzgesetz, das Grippeschutzimpfungen auch in Apotheken ermöglicht. Vorreiter war im vergangenen Sommer der Apothekerverband Nordrhein, der gemeinsam mit der AOK Rheinland/ Hamburg das erste Modellprojekt entwickelte und umsetzte. Darauf folgten der Apothekerverband Saarland gemeinsam mit der AOK Rheinland-Pfalz/ Saarland, die sich bei ihrem Projekt eng an der Vorabreit in Nordrhein orientierten. Mit Verzögerungen aufgrund von Impfstoffengpässen startet als drittes das gemeinsame Projekt von Verband und AOK in der Oberpfalz und schließlich das flächenmäßig größte Modellprojekt von Apothekerverband und AOK Niedersachsen.

 

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