Gegen Spahn: Apotheker votieren für Merz Lothar Klein, 06.12.2018 09:57 Uhr
Nach 18 Jahren endet am Freitag der CDU-Vorsitz von Angela Merkel. Als Nachfolger gehen CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ins Rennen. Ginge es nach den Apothekern, fiele die Wahl auf Merz. Spahn ist in der Umfrage von APOSCOPE aus der Reihe ACAlert im Auftrag von ACA Müller ADAG Pharma dagegen hoffnungslos abgeschlagen.
Unter allen 200 befragten Apothekern liegt Merz mit 39 Prozent Zustimmung vor Kramp-Karrenbauer 30,5 Prozent. Demnach wäre das Rennen aber noch offen, da sich 28 Prozent nicht festlegen wollten. Spahn ist dagegen bei den Apothekern aus dem Rennen. Den aktuellen Gesundheitsminister können sich nur 2,5 Prozent der Befragten als Merkel-Nachfolger vorstellen.
Noch deutlicher ist die Verteilung bei den Inhabern, die genau die Hälfte der Teilnehmer ausmachen: Hier kratzt Merz sogar an der absoluten Mehrheit (48 Prozent), Kramp-Karrenbauer folgt mit 29 Prozent. Die Zustimmung für Spahn bewegt sich mit 1 Prozent im Bereich des statistischen Fehlers. 19 Prozent in dieser Gruppe sind unentschlossen. Bei der Umfrage wurde auch die Sonntagsfrage gestellt: Unter den CDU-wählenden Apothekern liegt Merz mit 49,3 Prozent deutlicher vorn, bei den Inhabern sind es sogar 57,1 Prozent). Für Kramp-Karrenbauer sind 33,3 Prozent, für Spahn 2,9 Prozent, darunter kein einziger Inhaber.
Der Union halten die Apotheker aber weiterhin die Treue: Sie wäre mit 34,5 (Inhaber: 42 Prozent) deutlich stärkste Fraktion im Parlament, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre. Dahinter folgen mit 16 Prozent (Inhaber: 11 Prozent) die Grünen, gefolgt von Die Linke (jeweils 6 Prozent), AfD (5,5 Prozent, Inhaber: 5 Prozent) und FDP (3,5/2 Prozent). Die SPD ist unter Apothekern endgültig zur Splitterpartei verkommen: 2 Prozent würden den Sozialdemokraten ihre Stimme geben. Auffällig ist die große Zahl der unentschlossenen mit 20 Prozent der Teilnehmer.
Die Meinung der Apotheker wird am Freitag keine Rolle spielen, wenn die CDU auf ihrem Parteitag einen neuen Vorsitzenden wählt. In allgemeinen Umfragen unter CDU-Anhängern liegt Kramp-Karrenbauer vorn. Allerdings hat sich jetzt Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble klar für Merz ausgesprochen. Nur Spahn kämpft alleine, hat noch keinen prominenten Unterstützer gefunden.
„Es wäre das Beste für das Land, wenn Friedrich Merz eine Mehrheit auf dem Parteitag erhielte“, sagte Schäuble der FAZ: „Das würde es erleichtern, wieder zu einer Integration der politischen Kräfte zur Mitte hin zu kommen und unser System zu stabilisieren. Die politischen Ränder würden wieder schwächer.“ Schäubles überraschend offener Einsatz für Merz ist aber auch ein Zeichen von Nervosität. Denn wie Merz kann sich auch die CDU-Generalsekretärin auf CDU-Prominenz stützen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach sich für Kramp-Karrenbauer als künftige CDU-Vorsitzende aus. Bekannt ist auch, dass Kanzlerin Merkel ihre Kandidatur unterstützt.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der wie Kramp-Karrenbauer aus dem Saarland stammt, hat Schäuble wegen seiner Empfehlung für Merz kritisiert. Der Vorstoß von Schäuble habe ihn überrascht und gewundert, damit sei der „Damm gebrochen“, sagte Altmaier der „Rheinischen Post“. Er persönlich habe seine Präferenz für Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer aus Respekt vor den Delegierten bislang nicht öffentlich geäußert, sagte Altmaier. „Da Wolfgang Schäuble nun den Damm gebrochen hat, kann ich sagen: Ich bin überzeugt, dass wir mit Annegret Kramp-Karrenbauer die beste Chance haben, die CDU zu einen und Wahlen zu gewinnen. Das hat sie mehrfach unter schwierigen Bedingungen im Saarland als Innenministerin und Ministerpräsidentin bewiesen.“ Merz würde zwar „sicherlich der FDP viele Stimmen abjagen“, sagte Altmaier. Die CDU müsse aber in der Mitte verankert bleiben.
Sachsen-Anhalts CDU-Mitglieder wünschen sich mehrheitlich Friedrich Merz an der Parteispitze. Bei einer Mitgliederbefragung stimmten 55,8 Prozent der Teilnehmer für den ehemaligen Unionsfraktionschef, wie die Landespartei am Mittwoch mitteilte. 39,5 Prozent sähen lieber die derzeitige Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer als Nachfolgerin von Angela Merkel. Für Gesundheitsminister Jens Spahn sprachen sich 4,7 Prozent aus.
Vor der Wahl am Freitag wird Merkel als scheidende CDU-Vorsitzende ihren letzten Rechenschaftsbericht vorlegen. Das wäre die Gelegenheit, nicht nur mit ihren innerparteilichen Gegenspielern abzurechnen, sonder dem Parteitag Kramp-Karrenbauer als Nachfolgerin zu empfehlen. Unklar ist, wie die 1001 wahlberechtigten Delegierten darauf reagieren würden. Die meisten davon sind bereits seit längerer Zeit von Kreis- und Landesparteitagen gewählt.
Oft sind es Personen, die Ämter in der Partei ausüben, oder Abgeordnete aus Kreistagen, Landtagen oder dem Bundestag, es können aber auch einfache Mitglieder sein. Viele von ihnen verdanken Merkel ihre Ämter. In manchen Kreisverbänden, unter anderem in Baden-Württemberg, gab es vereinzelt bereits Probeabstimmungen. In diesen, so ist aus dem Südwesten zu hören, lag Merz so gut wie immer vorne. Auch in Niedersachsen gab es Probeläufe, dort hatte sich Kramp-Karrenbauer gute Chance ausgerechnet allerdings ging sie dort fast leer aus.
Es könnte also knapp werden auf dem Parteitag am Freitag. Allgemein wird erwartet, dass Merz und Kramp-Karrenbauer in einer Stichwahl den CDU-Parteivorsitz unter sich ausmachen. Für Spahn kommt es darauf an, im ersten Wahlgang eine respektables Ergebnis zu erzielen. In den Umfragen unter CDU-Mitgliedern sprachen sich nur 2 bis 4 Prozent für Spahn aus. Ein zweistelliges Ergebnis wäre da ein Achtungserfolg. Anschließend könnte Spahn wieder mit einen guten Ergebnis ins CDU-Präsidium gewählt werden.
Als klarer Außenseiter will Spahn trotzdem nicht aufgeben. In der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) meldetet er sich mit Gedanken zur Zukunft der Europäischen Union zu Wort. Dort hatte Spahn im Frühjahr bereits mit Aussagen zu einem starken Staat für Schlagzeilen gesorgt und sich als Herausforderer von Merkel profiliert. Nach der Ankündigung der Kandidatur von Merz geriet Spahn jedoch abrupt ins Hintertreffen. Die Junge Union wandte sich von ihm ab und Merz zu ebenso wie der Wirtschaftsflügel. Das hat Spuren bei Spahn hinterlassen.
Spekuliert wird auch darüber, dass JU-Chef Paul Ziemiak von Kramp-Karrenbauer als ihr CDU-Generalsekretär vorgeschlagen werden könnte. Zu einer möglichen Niederlage beim CDU-Parteitag in Hamburg äußerte sich Spahn bei ntv „Fragen wir doch!“: „Der Typ Schmollecke bin ich nicht. Ich werde weiter in der CDU und in der Regierung mitarbeiten und Impulse setzen.“ Die vergangenen Wochen empfinde er „wie eine Rock-Tournee. Wir sind jeden Abend in einer anderen Stadt aufgetreten. Und irgendwann wusste jeder, was spielt der andere für einen Song.“ Über die Zeit nach dem Parteitag sagte Spahn: „Wir sollten zusammenbleiben. Und egal wie es ausgeht: Ab Samstagnachmittag sind meine Schwiegereltern in Berlin. Um die muss ich mich dann kümmern.“