Justizministerin unter Druck

Gefälschte Impfnachweise: Union will bis zu zehn Jahre Haft

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Berlin -

Wer gefälschte Impfpässe in der Apotheke vorlegt, um ein Impfzertifikat zu erhalten, macht sich nach derzeitiger Rechtslage nicht strafbar. Auf diese Gesetzeslücke hatte das Landgericht Osnabrück (LG) hingewiesen. Doch das Bundesjustizministerium (BMJ) sieht keine Eile, das Strafgesetzbuch (StGB) zeitnah entsprechend zu ändern. Die Unionsfraktion im Bundestag macht Druck und will einen eigenen Entwurf vorlegen.

Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) teilte das BMJ mit, man prüfe, ob strafgesetzliche Anpassungen erforderlich seien. Die Unionsfraktion will laut Bericht darauf nicht warten, sondern am kommenden Donnerstag einen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen, nach dem bis zu zehn Jahre Haft für die „Fälschung von Gesundheitszeugnissen, die die Impfung gegen übertragbare Krankheiten nachweisen, sowie für deren Gebrauch“ verhängt werden können.

Der Entwurf sieht vor, dass künftig nicht nur die Täuschung von Behörden und Versicherungen strafbar sein soll, sondern auch das Vorlegen einer Fälschung in der Apotheke oder beim Arbeitgeber. Außerdem sollen falsche Impfnachweise, die „bedrohliche übertragbare Krankheiten betreffen“, in den Kreis der Fälle aufgenommen werden, die als „besonders schwere Urkundenfälschung“ klassifiziert werden.

Wer sich als Mediziner ausgibt und ein Zeugnis über seinen eigenen Gesundheitszustand oder den eines anderen ausstellt, soll nach dem Vorschlag der Union mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen müssen. In besonders schweren Fällen – etwa bei gewerbsmäßiger Fälschung – sieht der Entwurf eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren vor.

„Wer Impfpässe fälscht oder Fälschungen gebraucht, gefährdet die Gesundheit von Menschen und erschüttert das Vertrauen und die Akzeptanz in Corona-Schutzmaßnahmen. Das muss hart bestraft werden“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Dr. Jan-Marco Luczak.

Das Problem: Strafbar ist nur die Fälschung von Gesundheitszeugnissen zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften. Das LG Osnabrück hatte auf diese Strafbarkeitslücke hingewiesen: Ein Impfpass sei zwar ein Gesundheitszeugnis im Sinne der Regelung zu §§ 277 und 279 StGB. Die Vorlage erfolge jedoch nicht bei einer Behörde, sondern in einer Apotheke. Eine Apotheke sei auch unter Berücksichtigung der Regelung zu § 22 Infektionsschutzgesetz (IfSG) keine Behörde im Sinne von § 11 StGB. Eine Apotheke sei ein privates Unternehmen, welches nicht in das Gefüge der staatlichen Verwaltung eingeordnet sei.

Laut Luczak, hatte die Union bereits im Mai Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) zum Handeln aufgefordert. „Es ist weder nachvollziehbar noch akzeptabel, dass das Justizministerium untätig geblieben ist. Fälscherbanden können aktuell strafrechtlich nicht hinreichend belangt werden. Wir können als Politik und Gesellschaft nicht tatenlos zusehen, wenn Kriminelle sich auf Kosten der Gesundheit von anderen bereichern.“

Als Union wolle man auch nicht darauf warten, bis die Ampel ihre Koalitionsverhandlungen abgeschlossen habe. „Die CDU/CSU ist voll handlungsfähig und bringt daher einen Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag ein, der die rechtspolitisch verfehlten Privilegierungen abschafft und Strafbarkeitslücken schließt. Das Vertrauen in die Richtigkeit von Impfnachweisen verdient größtmöglichen Schutz, das stellen wir mit der Nachschärfung des Strafgesetzbuches sicher.“ Der Gesetzentwurf sei auch die Nagelprobe, ob die Ampel es mit dem neuen Regierungsstil wirklich ernst meine.

Auch die Justizministerkonferenz habe im Juni einstimmig für eine Anpassung des StGB gestimmt, berichtet „Report Mainz“. Der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) kritisierte: „Um es ganz salopp zu sagen: Das ist verschnarcht worden. Wir haben schon viel zu lange gewartet, und das Bundesministerium hat sechs Monate lang nichts getan.“

Laut Abfrage von „Report Mainz“ haben die Polizeibehörden in Deutschland bisher fast 2000 Fälle in Zusammenhang mit gefälschten Impfpässen bearbeitet. Spitzenreiter ist laut Abfrage des ARD-Magazins Bayern, wo dem Landeskriminalamt nach eigenen Angaben mehr als 600 Fälle bekannt sind. Dabei seien 3000 gefälschte Impfpässe sichergestellt worden. Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen berichtete demnach von einer „mittleren dreistelligen Anzahl von Vorgängen“. Berlin spracht von 153 Strafanzeigen, Hamburg von 113 Verfahren. Dahinter folgen unter anderem Rheinland-Pfalz (76), Brandenburg („knapp unter 60“) und Sachsen-Anhalt (32).

Das LG hatte darauf hingewiesen, dass auch die allgemeinen Regelungen zur Herstellung einer unechten Urkunde, zum Fälschen einer echten Urkunde sowie zur Verwendung einer unechten oder verfälschten Urkunde gemäß § 267 StGB keine Anwendung finden, da die Regelungen zum Gesundheitszeugnis als Privilegierung mit einer deutlich niedrigeren Strafandrohung spezieller seien und daher ein Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen versperrten.

Ebenso wenig sei eine Strafbarkeit nach § 75a IfSG gegeben. Der Straftatbestand könne nur von einer zur Durchführung der Schutzimpfung berechtigten Person begangen werden, insbesondere durch den die Impfung durchführenden Arzt. Das Gebrauchen eines gefälschten Gesundheitszeugnisses sei daher im privaten Bereich nach der zurzeit bestehenden Rechtslage straffrei.

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