Keine Rauchentwöhnung auf Kassenkosten APOTHEKE ADHOC, 31.05.2015 09:37 Uhr
Präparate zur Rauchentwöhnung bleiben auch weiterhin von der Erstattung durch die Krankenkassen ausgeschlossen. Das hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) entschieden und damit in erster Instanz dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) recht gegeben. Das hatte einen entsprechenden Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) beanstandet.
Der G-BA hatte bereits 2009 empfohlen, Präparate zur Tabakentwöhnung für Patienten mit COPD, die an einem Disease Management Programm (DMP) teilnehmen, in den Leistungskatalog der Kassen aufzunehmen. Zwei Jahre später empfahl der G-BA das gleiche für Raucher, die an Asthma leiden. Im Fokus der Beratung von COPD- und Asthma-Patienten sollte die Raucherentwöhnung stehen, da Fortschreiten und Sterblichkeit dadurch signifikant abnehmen, so der G-BA.
Neben nicht-medikamentösen und verhaltenstherapeutischen Maßnahmen sollten gegebenenfalls unterstützend Medikamente zum Einsatz kommenkönnen, hieß es. Betroffen wären nicht nur Nikotinersatzmittel wie Pflaster oder Kaugummis, sondern auch verschreibungspflichtige, aber bislang nicht erstattungsfähige Arzneimittel wie Champix (Vareniclin).
Die Kassen sollten die medikamentöse Therapie nur für einen Therapiezyklus tragen: Wenn die Patienten danach wieder mit dem Rauchen anfangen, müssten sie die Kosten für einen neuen Versuch selbst übernehmen, so die Empfehlung des Ausschusses.
Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) macht sich seit längerem dafür stark, dass Nikotinersatzpräparate zumindest bei Rauchern mit bestimmten Vorerkrankungen erstattungsfähig werden. 2011 hat der Pharmaverband den Gesundheitsökonomen Professor Dr. Jürgen Wasem rechnen lassen. Laut BAH lebt jeder Raucher, der erfolgreich aufhört, drei Jahre länger. Die Krankenkassen sparen dabei 15.000 Euro, die sonst für Raucherkrankheiten ausgegeben werden müssten – bei Kosten von rund 200 Euro für die Nikotinersatztherapie.
Wasem stellte anhand von Daten aus verschiedenen Studien fest, dass Kaugummis und Pflaster trotz der Behandlungskosten für die Kassen im Endeffekt günstiger sind als der kalte Ausstieg: Denn mithilfe von Nikotinersatz könnten 17 Prozent der Raucher dauerhaft aufhören, eine Entwöhnung mit Placebo sei hingegen nur in 10 Prozent erfolgreich, so Wasem.
Im Februar 2012 schließlich beschloss der G-BA, dass Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen der strukturierten Behandlungsprogramme für Asthma und COPD verordnet werden dürfen.
Unterstützung bekamen die Experten damals noch von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP). Sie hatte sich im Dezember 2012 dafür ausgesprochen, dass Raucher Arzneimittel für die Tabakentwöhung erstattet bekommen. Die Kassen sollten nicht nur die ärztliche Tabakentwöhnungsbehandlung zahlen, sondern auch Medikamente, die die Sucht nach Nikotin unterdrücken.
Doch das BMG beanstandete den G-BA-Beschluss. Dagegen klagte das Gremium – und scheiterte vor dem LSG. Das Sozialgesetzbuch (SGB V) schließe die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln „zur Rauchentwöhnung“ strikt aus, erklärten die Richter. Daher kämen Ausnahmen nach geltendem Recht nicht in Betracht. Rechtsmittel hat das Gericht nicht zugelassen.