Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) will aus Plasma gewonnene Faktor-VIII-Präparate in einer Festbetragsgruppe zusammenfassen. Laut Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) setzt er damit die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit lebenswichtigen Arzneimitteln aufs Spiel.
Im Dezember hatte der Unterausschuss Arzneimittel die Bildung einer Festbetragsgruppe „Blutgerinnungsfaktor VIII, plasmatisch“ beschlossen und ein Stellungnahmeverfahren eingeleitet. Da laut G-BA „keine hinreichenden Belege für unterschiedliche, für die Therapie bedeutsame Bioverfügbarkeiten vorliegen, die gegen die Festbetragsgruppe in der vorliegenden Form sprechen“, sollen die verfügbaren Parenteralia als wirkstoffgleich zu einer Gruppe 1 zusammengefasst werden.
Insgesamt sind knapp 150.000 Verordnungen betroffen sowie ein Marktvolumen von 144 Millionen Euro. Konkret geht es um die Faktor-VIII-Präparate von Biotest (45.000 Verordnungen), CSL (42.000 Verordnungen), Octapharma (35.000 Verordnungen) und Intersero (26.000 Verordnungen). Außerdem gibt es Reimporte von CC Pharma und Orifarm, die aber keine Rolle spielen. Es handelt sich durchweg um Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektions- oder Infusionslösung.
Beim BPI stößt das Vorgehen auf herbe Kritik: „Die kontinuierliche Versorgung mit Blutplasmaprodukten ist bereits jetzt problematisch“, sagt Hauptgeschäftsführer Dr. Kai Joachimsen. „Statt weiterer Hürden, brauchen wir weniger Regulierung bei dieser speziellen Produktgruppe. Andernfalls steuern wir in einen selbstverschuldeten Versorgungsengpass.“
In der Corona-Pandemie habe es einen dramatischen Einbruch an Blutplasmaspenden gegeben, dies habe zu einem Kostenanstieg der Rohstoffe bei gleichzeitig steigendem Versorgungsbedarf geführt. Dennoch hätten die Hersteller keine Chance auf eine faire Vergütung, denn sie seien erst im Herbst Sparinstrumenten wie Preismoratorium und Herstellerrabatt unterworfen worden. „Wenn jetzt auch noch Festbetragsgruppen hinzukommen, wächst die finanzielle Belastung innerhalb kurzer Zeit noch weiter und der Markt könnte sich ausdünnen. Dann bekommen wir ernste Probleme in der Versorgung“, erklärt Joachimsen.
Die Herstellung von Blutplasmaprodukten sei hochkomplex und erfordere eine lange Produktionsvorlaufzeit. Versorgungsengpässe manifestierten sich erst nach mehreren Monaten. Für viele Patientinnen und Patienten ist dies laut Joachimsen im Alltag schon spürbar: Erste Lieferengpässe für Plasmaprodukte wie Immunglobuline wurden dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bereits gemeldet. „Es ist absehbar, dass der Mangel an Rohstoffen nicht nur zu temporären Lieferengpässen, sondern zu Beeinträchtigungen und Engpässen in der Versorgung mit Blutplasmapräparaten führen wird“, warnt Joachimsen. „In dieser Situation weitere Hürden in Form von Festbeträgen aufzubauen, verbietet sich eigentlich.“
Analog zu Impfstoffen müssten vielmehr Rabattverträge abgeschafft und eine marktgerechte Preisgestaltung zur Aufrechterhaltung internationaler Wettbewerbsfähigkeit ermöglicht werden. Außerdem seien verbesserte Rahmenbedingungen für Plasmasammelzentren nötig. „Die geplanten Festbeträge für den Teilbereich der Faktor-VIII-Präparate sind genau der falsche Weg.“
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