Kommentar

Für Apotheken zu viel, für PTA zu wenig

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Berlin -

Die Adexa und der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) haben sich auf einen Tarifabschluss geeinigt – plötzlich und unerwartet. Denn die Verhandlungen sind im Herbst vergangenen Jahres gestartet. Freude will dennoch nicht so richtig aufkommen – weder bei den Inhaber:innen noch bei den Angestellten. Für die Apothekenangestellten gibt es zwar ein Gehaltsplus, mehr Urlaub und verkürzte Arbeitszeiten, aber wirklich spürbar ist die Erhöhung im Portemonnaie nicht, wie PTA in den Sozialen Medien deutlich machen. Arbeitgebende werden die gestiegenen Gehälter dennoch schmerzen. Wie soll der Tarifabschluss gestemmt werden? Eine Honorarerhöhung gibt es nicht und der finanzielle Druck ist ohnehin groß wie nie.

Die Tarifparteien haben einen Sockelbetrag für alle Berufsgruppen vereinbart. Ab dem 1. Juli steigen die Gehälter um 100 bis 150 Euro. Angestellte in der ersten Berufsjahresgruppe erhalten ein Plus von 150 Euro. Alle anderen Berufsjahresgruppen erhalten 100 Euro mehr als Sockelbetrag. Das ist weit weg von den ursprünglich geforderten 10,5 Prozent. Immerhin haben PKA im ersten und zweiten Berufsjahr die Mindestlohngrenze geknackt und liegen rund zwei Euro darüber. Zusammen mit der verkürzten Arbeitszeit von 40 auf 39 Stunden und dem zusätzlichen Urlaubstag sorgt das bei den Angestellten weder für eine spürbare Verbesserung der Work-Life-Balance noch für spürbar mehr Geld im Portemonnaie.

Keine Frage, eine Erhöhung der Apothekengehälter ist unumgänglich – um das Personal zu halten und die Berufe attraktiver zu machen. Auch für die Adexa und die Angestellten ist der Tarifabschluss ein Erfolg, der nicht kleingeredet werden darf. Dennoch gibt es mehr als ein Aber.

Zwar kann der Tarifabschluss als arbeitgeberfreundlich bezeichnet werden, aber nur in stabilen Zeiten ohne Apothekensterben und wenn die seit Jahrzehnten überfällige Honorarerhöhung in Sicht wäre – die wird es aber nicht geben, denn das Apothekenreformgesetz sieht nur eine Umverteilung vor, die auch die „großen“ Apotheken treffen wird. Mehr Geld gibt es für Chef:innen also nicht, doch die müssen für die Gehälter der Angestellten tiefer in die Tasche greifen. Das werden jetzt vor allem die Inhaber:innen spüren, die ohnehin finanziell angezählt sind. Die anderen spätestens dann, wenn die Honorarumverteilung startet.

Zwei Seiten der Medaille hat auch die gekürzte Wochenstundenzahl. Zwar klingt eine Stunde erst einmal nicht viel, aber in Zeiten von Personal- und Fachkräftemangel können eine Stunde weniger pro Woche und ein Urlaubstag mehr pro Jahr den ohnehin mit heißer Nadel gestrickten Dienstplan ins Wanken bringen.

Und auch die Adexa wirft sich mit der Forderung nach einer Personalzulage selbst aus der Bahn. 80 Cent mehr pro Rx-Packung sollten in die Erhöhung der Gehälter fließen, so der Plan. Dafür hatte die Adexa zuletzt in der nicht öffentlichen Verbändeanhörung gekämpft. Doch dafür fehlt jetzt die Argumentationsgrundlage in Richtung Politik. Denn ein Gehaltsplus ist ja offenbar auch ohne den Bonus möglich.

Zuletzt stellt sich noch die Frage nach dem Zeitpunkt. Ist die Einigung ein falsches Zeichen in Richtung Politik? War nicht ein Argument für die geforderte Honorarerhöhung eine Anpassung der Gehälter? Zeigt der Tarifabschluss, dass es doch genug Geld in den Apotheken gibt und es den Inhaber:innen doch gut geht und auch der Fachkräftemangel nur ein Mythos ist, wenn die Arbeitszeit gekürzt werden kann?

Haben die Tarifparteien sich nach unzähligen Monaten doch zu früh geeinigt? Schade, dass die Freude über ein Gehaltsplus nicht so recht aufkommen kann.

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