Frühkoordinierung

SPD-Minister: Weg frei für Rx-Versandverbot Lothar Klein, 26.01.2017 12:02 Uhr

Berlin - 

Die Gesetzesinitiative von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) für ein Rx-Versandverbot hat eine wichtige Hürde genommen: Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC haben im Zuge der Frühkoordinierung im Bundeskabinett die SPD-geführten Ministerien ihre Zustimmung signalisiert. Von Bedeutung sind dabei insbesondere das Justizministerium von Heiko Maas (SPD) und das Wirtschaftsministerium von Vize-Kanzler und Noch-SPD-Chef Sigmar Gabriel. Beide Ressorts wollen dem Rx-Versandverbot keine Steine in den Weg legen. Jetzt ist die SPD-Fraktion am Zug.

Gröhe hatte seinen Mitte Dezember vorgelegten Gesetzentwurf zur „Frühkoordinierung“ ans Kanzleramt und die Fraktionsspitzen geschickt. Der Entwurf ging an die stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU- und der SPD-Bundestagsfraktionen, Georg Nüßlein und Professor Dr. Karl Lauterbach, sowie an die gesundheitspolitischen Sprecher, Maria Michalk (CDU) und Hilde Mattheis (SPD), mit der Bitte um „Meinungsbildung“. Außerdem leitete Gröhe seinen Entwurf parallel an das Bundeskanzleramt zur „Frühkoordinierung mit den Ressorts der Bundesregierung“. Diese ist jetzt auf informeller Ebene abgeschlossen.

Voraussichtlich am 29. März soll nach der erwarteten Zustimmung der SPD im Gesundheitsausschuss des Bundestages eine Anhörung zum Rx-Versandverbot stattfinden. Der Ausschuss hat bereits in seiner letzten Sitzung grundsätzlich eine Anhörung zum Rx-Versandverbotsantrag der Fraktion Die Linke beschlossen. Der Termin wurde aber offen gelassen, um die weitere Entwicklung in der großen Koalition abwarten zu können. Am 14. Februar sollen dann die Obleute des Gesundheitsausschusses den Termin für die Anhörung festlegen.

In den kommenden beiden Wochen rechnet man in der Union daher mit einer Klärung der Haltung in der SPD. Eine gewisse Unsicherheit bringt der jetzt anstehende Ministerwechsel im Wirtschaftsministerium von Gabriel zu Brigitte Zypries, derzeit Parlamentarische Staatssekretärin im BMWi. Die langjährige ehemalige Justizministerin gilt als enge politische Freundin der früheren SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt. Als Schmidt 2003 den Rx-Versandhandel zuließ, war Zypries als Justizministerin im Kabinett von Gerhard Schröder für die rechtliche Bewertung zuständig.

Auch in Apothekerkreisen ist Zypries keine Unbekannte. An der Seite von Ulla Schmidt besuchte sie diverse Veranstaltungen im Apothekerhaus, beispielsweise den Parlamentarischen Abend des Deutscher Behindertensportverbands (DBS). Zypries war lange Vorsitzende des Kuratoriums des DBS. Auf dieser Ebene gab es häufig Verbindungen zur ABDA. Trotzdem gilt Zypries nicht als „große Freundin“ der Apotheker. Daher könnte ihr Umgang mit dem Rx-Versandverbot und dem Gutachten des BMWi zum Apothekenhonorar noch spannend werden.

Interessant bleibt auch weiterhin die Rolle von Karl Lauterbach. Auf Betreiben des SPD-Vize trifft sich heute beim CDU/CSU-Fraktionsvize Georg Nüßlein eine Koalitionsrunde der Gesundheitspolitiker zum von Gröhe vorgeschlagenen Rx-Versandverbot. Eingeladen sind Lauterbach, Mattheis und Sabine Dittmar für die SPD und Michalk und Michael Hennrich für die CDU, außerdem ABDA-Präsident Friedemann Schmidt und Christian Buse vom Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA). Die ABDA soll Gelegenheit erhalten, ihre Argumente für ein Rx-Versandverbot ausführlich darzulegen.

Von Lauterbach erwartet die Runde Aufschluss über das weitere Vorgehen der SPD-Bundestagsfraktion. Nach Lauterbachs Kehrtwende hat die SPD-Fraktion Lauterbach aufgefordert, einen neuen Kompromissvorschlag vorzulegen. Die von Lauterbach ins Gespräch gebrachte Kompensation über einen Zuzahlungsverzicht für Chroniker wird weder von der Union noch von der SPD unterstützt. Entscheidungen werden von der heutigen Runde nicht erwartet.

Zu Wochenbeginn hatte Gröhe einen überarbeiteten Referentenentwurf zum Rx-Versandverbot vorgelegt. Gröhe sieht darin nach wie vor die einzige Möglichkeit, auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu Rx-Boni zu reagieren. Die Luxemburger Richter hatten am 19. Oktober entschieden, dass sich ausländische Versandapotheken nicht an die Preisbindung halten müssen.

In der APOTHEKE ADHOC vorliegenden überarbeiteten Fassung hat sich an den geplanten Anpassungen des Arzneimittelgesetzes (AMG) und Apothekengesetzes sowie des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) und der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) nichts geändert. Die Absicht bleibt also sehr klar und „alternativlos“, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten.

Überarbeitet wurde in Teilen die Begründung. Darin wird insgesamt noch stärker auf die Bedeutung einer wohnortnahen Arzneimittelversorgung abgestellt. Gröhe betont, dass selbst geringe Umsatzverluste der Vor-Ort-Apotheken das System gefährden könnten, und belegt dies mit Zahlen zur Apothekenstruktur. Als weiteres Kernargument wird „die Verwirklichung des Solidargedankens im GKV-System vorgetragen“. Denn damit – und mit der Rolle der Apothekerschaft im Gesundheitswesen – ließe sich ein Rx-Versandverbot auch im Lichte des EuGH-Urteils begründen, ist der Minister überzeugt.