ABDA

Die vielen Facetten des Friedemann Schmidt

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Berlin -

Mit Friedemann Schmidt bekommen die Apotheker einen ABDA-Präsidenten, der viel zu erzählen hat: Wer hätte schon gedacht, dass der sächsische Apotheker beinahe Wissenschaftler geworden wäre oder an der konspirativen Gründung einer Partei beteiligt war? Neben vieler Anekdoten gibt es in Schmidts Leben aber auch einen roten Faden: Schmidt ist überzeugter Freiheitskämpfer – im politischen und wirtschaftlichen Sinne. Der neue ABDA-Präsident ist aber auch ein Bühnenmensch, der seinen Bekanntheitsgrad nutzen will, um den Apothekern ein Vorbild zu sein.

Der Apothekersohn: Auch Schmidts Vater war Apotheker. Als Pharmazierat war er bis zur Wende für Revisionen und Qualitätssicherung in Leipzig zuständig. Auch in der Standespolitik machte sich Dr. Rainer Schmidt einen Namen in der DDR. „Über Jahre hinweg war ich immer nur der Sohn von Dr. Schmidt“, erinnert sich der neue ABDA-Präsident. In eine klassische „Apothekerdynastie“ wurde Schmidt aber nicht geboren: Die Seume-Apotheke in Leipzig kaufte Friedemann Schmidt nach der Wende von der Treuhand – seinem Vater half er später in die Selbstständigkeit.

Der Wissenschaftler: Nach seinem Studium an der Universität Greifswald peilte Schmidt eigentlich eine wissenschaftliche Karriere an. In einer Arbeitsgruppe mit Medizinern und Chemikern schrieb er ein Jahr an seiner Promotion. Kurz vor der Wende erforschte Schmidt die soziologischen Grundlagen der Pharmazie, es ging um die Missionsarbeit mir Arzneimitteln. Als nach der Wende die Apotheken im Osten privatisiert wurden, folgte er jedoch dem Ruf der Marktwirtschaft und exmatrikulierte sich.

Der Anti-Kommunist: In politischen Gesprächen lässt Schmidt schon gern einmal Spitzen gegen die ehemalige DDR ab. „Ich empfinde noch heute eine ausgesprochene Abneigung gegen das politische System der DDR“, sagt Schmidt. Er erlebte damals Durchgriffe des Staates bis tief hinein in das Gesundheitswesen. Auch heute lehnt er daher etwa eine Bedarfsplanung für Apotheken entschieden ab. Dass er keinen Sinn für „Ostalgie“ hat, erklärt Schmidt aber auch mit seinen Wurzeln: Wegen vieler Kontakte in den Westen sei er in einer „virtuellen Westrealität“ aufgewachsen.

Das FDP-Mitglied: Angekommen in der echten westdeutschen Realität wurde Schmidt Ende der 90er Jahre FDP-Mitglied. Auch dies begründet er mit seinen „klassisch bürgerlichen“ Wurzeln. Allerdings ist er ein Verehrer der „alten FDP“, die für Freiheit, Selbstbestimmung und Bürgerrechte eintrat. Über die heutige Fokussierung seiner Partei auf Wirtschaftsthemen ärgert er sich und bezeichnet sie als „verengt“. Als Moderator gesundheitspolitischer Diskussionen geht er mit seinem Parteikollegen Daniel Bahr daher schon gerne einmal hart ins Gericht.

Der Revoluzzer: In den letzten Jahren der DDR war Schmidt an der Gründung der SDP beteiligt, der Sozialdemokratischen Partei der DDR. Die erste organisierte Oppositionsbewegung gründete sich heimlich über die Kirche – auch Schmidt trat der Partei als bekennender Christ bei. Die ersten Treffen fanden in den Räumen einer Leipziger Kirchengemeinde statt. Nach dem Fall der Mauer annektierte die SPD die SDP und Schmidt verließ die Partei.

Der Karrieremann: Nachdem er als Selbstständiger Fuß gefasst hatte, begann Schmidt seine Funktionärslaufbahn beim Sächsischen Apothekerverband. 1994 wurde er Vorstandsmitglied, zwischen 1998 und 2002 war er Monika Kochs Vize. Mit der zweiten Reihe tat sich Schmidt aber schon damals schwer: „Ich wollte dann in die erste Reihe.“ Weil in Sachsen nur ein Jahr später Kammerwahlen anstanden, bewarb er sich als Präsident. „Da ging es auch darum, an die Macht zu kommen“, so Schmidt. Auch das war jedoch nur ein temporärer Schritt auf der Karriereleiter: Nur zwei jahre später wurde er Vize-Präsident der ABDA.

Der Verlierer: Zu Schmidts Karriere gehören auch Niederlagen. So gründete er in den 90er Jahren eine Einkaufsgenossenschaft unter dem Namen „ApoSachs“, deren Geschäftsführer er wurde. An dem Unternehmen war auch die Noweda beteiligt. Es fanden sich jedoch nicht genug Apotheker, das Geschäft fuhr an die Wand. Eine weitere Enttäuschung musste Schmidt mit seiner zweiten Apotheke erleben, die er zwischenzeitlich betrieb: Weil sein Name inzwischen durch die Medien bekannt war, nannte er die Offizin „Friedemann Schmidt Apotheke“. Auch dieses Vorhaben scheiterte, Schmidt verkaufte die Apotheke.

Das Alphatier: Schmidt will den Apothekern ein neues Selbstbewusstsein vermitteln. Sein Ziel ist es, den Apothekerberuf in Medien und Öffentlichkeit stärker in den Fokus zu rücken. Er selbst will dafür das „Leitbild“ sein. Für diese Inszenierung helfen ihm seine Fernsehauftritte: Den stets adrett gekleideten ABDA-Präsidenten als TV-Moderator zu sehen, soll die Apotheker stolz auf ihren Beruf machen.

Der Präsident: Als Präsident der ABDA hält Schmidt es auch für nötig, sich in gewissen Momenten von der Basis abzuheben. In seiner neuen Position will er eine übergreifende Perspektive einnehmen. Trotzdem will Schmidt seinen Verhandlungspartnern in Politik und Kassen das Gefühl geben, mit einem echten Fachmann zu verhandeln – einem Fachmann für Arzneimittel.

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