Freie Apotheker: VOASG gefährdet auch die Ärzte APOTHEKE ADHOC, 19.10.2020 14:37 Uhr
Der Bundestag will das Apotheken-Stärkungsgesetz am 29. Oktober verabschieden. Doch anders als der Titel des Gesetzes verspricht, befürchtet der Verein Freie Apothekerschaft eine Schwächung der Apotheken und fordert einen Stopp des Gesetzgebungsverfahrens. Denn es bereite Teleärzten und Versendern den Weg und gefährde damit auch kleinere Arztpraxen.
Die gesundheitspolitische Entwicklung sei „vollständig über den VOASG-Entwurf hinweggerollt“, kritisieren die freien Apotheker. Das betreffe vor allem das E-Rezept und die „Telemedizin- und Rezeptmakel-Plattformen“. Hier könnten Verbraucher ihr Medikament einfach auswählen und mit dem Ausfüllen eines Fragebogens das benötigte Rezept beim Plattform-Arzt gleich mit bestellen. Die „normale“ Apothekenlandschaft und das ebenso bewährte „normale“ System mit niedergelassenen Hausärzten werde dadurch bedroht.
Die Forderung der Freien Apothekerschaft: „Entweder muss das VOASG in wesentlichen Teilen deutlich zugunsten der Apotheken vor Ort geändert werden, oder der aktuelle Gesetzgebungsprozess muss gestoppt und neu begonnen werden.“ Ansonsten werde ein Großteil der Apotheken untergehen, ebenso viele traditionelle Arztpraxen. Das VOASG schreibe Festpreise nicht mehr generell für Rx-Arzneimittel fest, sondern klammere die privaten Krankenversicherungen davon aus. „Das verschreibungspflichtige Arzneimittel wird somit von den Mitgliedern des deutschen Bundestages zur Handelsware degradiert“, monieren die Apotheker.
Die Freie Apothekerschaft geht – wie übrigens auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) – davon aus, dass das VOASG sowieso vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) landen wird. „Das Gesetz wäre somit der schleichende, aber endgültige Einstieg in die Freigabe der Preise von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln“, befürchtet der Verein. Profitieren würden wenige sehr große Arzneimittelversender aus dem Ausland. „Mit dem EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton hat so Bundesgesundheitsminister Spahn einen Verbündeten gefunden“, so die Freie Apothekerschaft.
Der Verein befürchtet langfristige Schäden für das Gesundheitssystem und die Versorgung, weil die Krankenkassen künftig mit wenigen Handelskonzernen verhandeln müssten, die sich den Markt aufteile und die Preise diktieren könnten. In dieser Welt würden Konzerne direkt und unverblümt mit Rezepten und sonstigen „Healthcare“-Dienstleistungen makeln.
Kritik äußert der Verein auch gegenüber der Abda, weil diese das VOASG mittrage. Immerhin habe der Bundesrat das Gesetzesvorhaben in der vorliegenden Form vehement abgelehnt. Tatsächlich hatte die Länderkammer in ihrer Stellungnahme ein Rx-Versandverbot gefordert, war damit aber nicht durchgedrungen.
Eingebracht hatte die Koalition das VOASG mit der 1. Lesung am 11. September, eine Woche später fand die Anhörung im Gesundheitsausschuss statt. Mit dem Termin für die 2./3. Lesung in der kommenden Woche liegt das VOASG im Zeitplan; der Bundesrat könnte das Gesetz am 27. November endgültig verabschieden, sodass es noch in diesem Jahr in Kraft treten kann.