Corona-Krise

Franke: Exit-Strategie nach Ostern

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Berlin -

Bis zum 19. April hat die Bundesregierung ihre Anti-Corona-Maßnahmen zunächst befristet. Wie es danach weitergeht, will Bundeskanzlerin Angela Merkel noch nicht verraten. Allerdings machen sich bereits andere Politiker Gedanken über eine Exit-Strategie. SPD-Gesundheitspolitiker Edgar Franke schlägt die Lockerung der Maßnahmen bei sinkender Infektionsrate vor für Bürger, die sich unter anderem freiwillig per Handy überwachen lassen. Auch das Ifo-Institut hat bereits einen Exit-Plan fertig.

Auch Franke mahnt die Bürger über Ostern zunächst noch zu Geduld. Doch: „Nach Ostern muss allerdings eine Exit-Strategie mit folgenden Maßnahmen begleitet werden: weitere Intensivierung der Tests, maßvolle Ausweitung des Mundschutzes, freiwillige Einführung einer Bewegungs-App und spezieller Schutz der Risikogruppen. Dann kann man, bei Abflachung der Neuinfektionsrate, über Lockerungen der getroffenen Einschränkungen nachdenken.“

Dies gelte um so mehr, als in vielen Regionen mit vergleichsweise wenig Infizierten in Deutschland mehr als ausreichende Kapazitäten in den Krankenhäusern bestünden und deren Mitarbeiter wegen des Freihaltens von Betten und des Verschiebens von Operationen zur Zeit wenig zu tun hätten, so Franke, der nicht nur als Opferbeauftragter der Bundesregierung wirkt, sondern für die SPD als Berichterstatter für Arzneimittel und Krankenhäuser im Gesundheitsausschuss arbeitet. Franke: „Allerdings müssen wir natürlich zunächst noch die Entwicklungen in den nächsten zwei Wochen abwarten.“ Die Corona-Zahlen des RKI vom Sonntag geben Anlass zu Hoffnung: Mit 3677 Neuinfektionen lag die Infektionsrate deutlich niedriger als zuvor.

Gedanken gemacht über das Hochfahren von Wirtschaft und öffentlichem Leben hat sich auch das Ifo-Institut: Konkret wird in der Strategie vorgeschlagen, Bereiche mit niedriger Ansteckungsgefahr, also zum Beispiel hochautomatisierte Fabriken zuerst wieder anlaufen zu lassen. Hohe Wertschöpfung, wie sie insbesondere Teile des verarbeitenden Gewerbes aufweisen, sollte laut Ifo-Institut als Kriterium für prioritäre Öffnung berücksichtigt werden. Ganz wichtig sei die massive Steigerung der Produktion von Schutzkleidung und -masken sowie die Sicherung von Produktionskapazität für Impfstoffe und Medikamente in Deutschland.

Als Voraussetzung für das Wiederanlaufen der Wirtschaft sehen die Wissenschaftler die Notwendigkeit, Kindertagesstätten und Schulen so schnell wie möglich wieder zu öffnen. Zumal jüngere Menschen die geringste Gefährdung hätten, schwerwiegend an Covid-19 zu erkranken. Im Gegensatz dazu würden Menschen, deren Erkrankungsrisiko besonders hoch ist, länger isoliert bleiben müssen. Für sie müsse es erweiterte Hilfen geben und die entsprechende Finanzierung.

Wann und wo Betriebe wieder produzieren können, muss den Empfehlungen nach auch von regionalen Kriterien abhängen wie die Höhe der Infektionen oder wie viele Menschen bereits immunisiert seien. Die Kapazitäten der Krankenhäuser spielen dabei ebenso eine Rolle wie die der Ärzte. Regionen, in denen diese Fragen zufriedenstellend beantwortet werden können, sollen schneller Lockerungen umsetzen können als andere Regionen. Zudem könnten Menschen, die gut mit Homeoffice und digitalen Techniken arbeiten könnten, am längsten zuhause bleiben.

„Die aktuellen Beschränkungen sind sinnvoll und zeigen erste Wirkung“, sagt Martin Lohse, Mediziner und Präsident der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ). Allerdings hätten die Maßnahmen neben hohen wirtschaftlichen und sozialen Kosten auch gravierende medizinische Folgen, etwa für Patienten mit anderen schweren Erkrankungen. „Weil wir damit rechnen müssen, dass die Pandemie uns noch viele Monate beschäftigt und letztlich nur unser Immunsystem uns schützen kann, brauchen wir eine flexible, nach Risiken gestaffelte Strategie – ein genereller Shutdown ist keine langfristige Lösung“, sagt Martin Lohse.

„Gesundheit und eine stabile Wirtschaft schließen sich keineswegs aus“, sagt Clemens Fuest, Ökonom und Präsident des Münchener ifo-Instituts. Beides bedinge sich vielmehr gegenseitig: „So wie eine positive wirtschaftliche Entwicklung bei unkontrollierter Ausbreitung des Virus nicht möglich ist, lässt sich auch die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitswesens ohne eine funktionierende Wirtschaft nicht aufrechterhalten“, sagt Clemens Fuest.

Das Thema Kommunikation wird im interdisziplinären Strategiepapier ganz großgeschrieben. Ein geordneter und erfolgreicher Ausstieg aus dem Shutdown sei nicht möglich sein, ohne die Bürger wirklich mitzunehmen. „Planungen für die stufenweise Wiederaufnahme der Tätigkeit/Produktion müssen hinreichend früh vorliegen und kommuniziert sein, damit die betroffenen Akteure, etwa Unternehmen und Bildungseinrichtungen, eigene Vorkehrungen für die Öffnung beginnen können". Empfohlen wird eine offene und transparente Kommunikation. Die Menschen müssten das Gefühl haben, umfassend informiert zu sein und den staatlichen Stellen vertrauen zu können.

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