Forscher: Aidsvorsorge hat versagt dpa, 06.08.2008 11:29 Uhr
Die Vorbeugung gegen Aids hat auf breiter Front versagt. Zu diesem Schluss kommen führende Aidsforscher in einer umfassenden Analyse für das Medizinjournal „The Lancet“, die am Dienstag auf der Weltaidskonferenz in Mexiko-Stadt veröffentlicht wurde. Mehr als 90 Prozent der gefährdeten Menschen weltweit würden von den wichtigsten Präventionsprogrammen überhaupt nicht erreicht, kritisieren etwa Professor Dr. Michael Merson von der Duke-Universität in Durham (US-Staat North Carolina) und Kollegen. Dabei könnten zielgerichtete Projekte bis 2015 rund zwölf Millionen HIV-Infektionen verhindern, mahnt der Chef des UN-Aidsprogramms (UNAIDS), Dr. Peter Piot.
Unterdessen forderte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Weltgemeinschaft auf, mehr Geld in soziale Projekte zu investieren, um weltweit Armut und die Aidsepidemie zu bekämpfen. Bei einem Besuch im mexikanischen Außenministerium anlässlich der Weltaidskonferenz kritisierte er vor allem die reichen Staaten, die 1,3 Billionen US-Dollar für Waffen ausgäben. Wenn diese Gelder für soziale und wirtschaftliche Entwicklungshilfe zur Verfügung stünden, könnten maßgebliche Fortschritte bei der Überwindung von Armut und der Bekämpfung der Seuche Aids erreicht werden, sagte Ban.
„Die vergangenen 25 Jahre der HIV-Vorbeugung sind gekennzeichnet von Inseln des Erfolgs in einem Meer der Fehlschläge“, resümieren Mediziner um Dr. Stefano Bertozzi vom mexikanischen Nationalinstitut für Öffentliche Gesundheit. In vielen Ländern gehen Vorbeugungsprogramme nach Einschätzung der Experten an der gesellschaftlichen Realität vorbei. Oft würden etwa besondere Risikogruppen wie Drogenabhängige, Prostituierte und homosexuelle Männer aus politischen Gründen ignoriert.
Mit maßgeschneiderten Projekten ließe sich die Zahl neuer HIV-Infektionen bis 2015 mindestens halbieren. Dies würde zugleich 24 Milliarden Dollar Behandlungskosten sparen, betonen die Mediziner. Ein Impfstoff oder ein Heilmittel für HIV seien nicht in Sicht. „Obwohl wir immer noch hoffen, dass eines Tages eine Wunderwaffe entdeckt wird, müssen wir jetzt Vorsorgeprogramme auf den Weg bringen, die ohne diese erfolgreich sein können“, betonen Bertozzi und Kollegen.