Gesundheitsausschuss

Foodwatch bemängelt Präventionsgesetz dpa/APOTHEKE ADHOC, 22.04.2015 12:53 Uhr

Berlin - 

Foodwatch kritisiert das Präventionsgesetz von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU): Nach Ansicht der Verbraucherschutzorganisation geht das Gesetzesvorhaben nicht entschieden genug gegen das Problem ungesunder Ernährung vor.

In dem Gesetz müssten die Mitverantwortung der Lebensmittelwirtschaft für den Anstieg von Übergewicht, Adipositas und chronischen Krankheiten eindeutig festgehalten und Gegenmaßnahmen verankert werden, fordert die Organisation in einer Stellungnahme. Mit dem Gesetzentwurf befasst sich an diesem Mittwoch der Gesundheitsausschuss des Bundestags.

Die dramatische Zunahme von Übergewicht und Fettleibigkeit bei Kindern und Erwachsenen in den vergangenen 20 Jahren liege vor allem auch daran, dass „jederzeit und überall“ kalorienreiche Lebensmittel verfügbar seien. Die Lebensmittelwirtschaft versuche dabei, die Aufmerksamkeit von Kindern auf jene Produkte zu lenken, „die die größte Profitabilität versprechen: Zuckerhaltige Getränke, Süßwaren und Snacks“. Sogar bei der Schulverpflegung bekämen Kinder zu viel Fleisch, zu viel Süßes und zu wenig Obst und Gemüse, so Foodwatch.

Fehlernährung und der damit verbundene Anstieg chronischer Krankheiten belastete das Gesundheitswesen in erheblichem Maße. Allein durch Adipositas entstünden in Deutschland etwa 20 Milliarden Euro zusätzliche Kosten, beklagte Foodwatch. Gröhes Gesetz, das unter anderem höhere Ausgaben für Gesundheitsförderung und Prävention vorsieht, war am 20. März in erster Lesung im Bundestag behandelt worden.

Der Verband der Ersatzkassen (vdek) begrüßte vor allem die Stärkung der Prävention in Kindergärten, Schulen, Pflegeheimen und Betrieben. Völlig unverständlich sei aber, dass Private Krankenversicherung sowie Länder und Kommunen keinen adäquaten finanziellen Anteil leisten müssten. Die Krankenkassen gaben 2013 den Angaben zufolge 267 Millionen Euro für Präventionsmaßnahmen aus und erreichten damit mehr als fünf Millionen Menschen.

Auch der AOK-Bundesverband sieht den Gesetzentwurf zu kurz gefasst: Statt den Kassen neue Handlungsspielräume einzuräumen, nehme er ihnen bestehende, kritisierte der Vorstandsvorsitzende Jürgen Graalmann. So würden die Kassen zu Bonusprogrammen verpflichtet, die Breitensport ebenso ausschlössen wie die Berücksichtigung von Zahnvorsorge und Impfungen. Zudem werde vergessen, Kommunen, Länder oder die Private Krankenversicherung in die Pflicht zu nehmen. Graalmann: „Wir gehen davon aus, dass sich der Gesetzgeber von Nachbesserungen überzeugen lässt.“

Nach Ansicht des Sozialverbandes VdK bleibt die Regierung weit hinter dem Ziel einer umfassenden Gesundheitsvorsorge zurück. Bedürfnisse älterer Menschen blieben unberücksichtigt, kritisierte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Im jetzigen Entwurf liege der Schwerpunkt auf Angeboten am Arbeitsplatz oder in Schulen und Kitas. „Gesundheitlich schlechter gestellte Bevölkerungsgruppen wie Langzeitarbeitslose, Ältere oder Menschen mit Behinderung bleiben außen vor.“

Auch der BKK-Dachverband äußerte sich im Vorfeld der Ausschusssitzung zu Gröhes Gesetzentwurf. Kritik erntete der darin enthaltenen Mindestwert für Präventionsausgaben. Krankenkassen sollen demnach ab 2016 sieben Euro statt bislang 3,09 Euro pro Versichertem und Jahr für Gesundheitsförderung ausgeben.

Diese Quotierung nehme den Kassen die Möglichkeit, Geld gezielt dort einzusetzen, wo es konkret benötigt werde, so Franz Knieps, Vorstand des BKK-Dachverbandes. Alternativ fordert der BKK-Dachverband daher eine Festsetzung des Mindestwerts auf drei Euro. In einem Jahr nicht ausgegebene Mittel könnten von der Einzelkasse dann auf das Folgejahr übertragen werden, so der Vorschlag.

Die Kinder- und Jugendärzte kritisierten, zu der Anhörung nicht eingeladen worden zu sein. Ihr Berufsverband BVKJ verlangt angesichts von deutlich über 1000 Masern-Erkrankungen in den ersten vier Monaten des Jahres - darunter inzwischen über 100 besonders gefährdete Säuglinge - unter anderem ein „überzeugendes und nachhaltiges Impfkonzept“. Damit solle eine Impfquote von 95 Prozent sichergestellt werden können.