Mit viel Schwung ruft Apothekerin Yasmin Hassan am Streiktag die Kunden zu sich: „Wer will hier Dienst nach Vorschrift“, fragt sie in die Menge. In der Stadt-Apotheke in Saarbrücken spüren die Kunden den Warnstreik. Lange Warteschlangen, selbst gestaltete Infoflyer und ein Glückskeks sollen sie auf die Lage der Apotheken aufmerksam machen. Die meisten Patienten reagieren mit Verständnis, nur wenige wollen von dem Protest nichts wissen.
In ganz Deutschland protestieren heute Apotheken für eine gerechtere Bezahlung. Der von Vereinen und Kammern ausgerufene eingeschränkte Apothekenbetrieb konzentriert sich zwar auf das Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Doch auch im Norden wie in Oldenburg und sogar auf Norderney haben sich Apotheken angeschlossen.
Während die Kunden geduldig warten, überreicht Hassan einem älteren Mann seine Medikamente. Wegen des Warnstreiks erhält der Senior auch einen Glückskeks. „Damit ihr Glück in der Apotheke ankommt“, sagt sie dazu. Die Kunden reagieren sehr positiv auf diese direkte Konfrontation.
Die Apothekerin und ihre Kollegen weisen mit viel Elan auf die Sorgen ihres Berufsstandes hin. „Wenn es so weiter geht, können wir die Versorgung mit Arzneimitteln nicht mehr so leisten wie bisher“, erklärt sie. Das kommt an. Einige Kunden fragen nach und bestärken die Apothekerin.
In der Saarbrückener Innenstadt beteiligen sich alle Apotheken mit unterschiedlicher Resonanz. In der Keltermann Apotheke erntet Apothekerin Petra Liekfeld meist Verständnis. Viele Patienten wissen aus Radio und TV von den Protesten. „Ich unterstütze die Apotheker und finde den Protest gut“, sagt Jens Stanke, ein Stammkunde von Liekfeld. Eine andere Kundin will nur schnell ihr Medikament: „Der Protest interessiert mich herzlich wenig“, sagt sie und geht. Ein anderer Patient schnappt sich noch einen Infoflyer, bevor er sich verabschiedet.
Liekfeld hat gemischte Reaktionen erwartet. „Wir können nur versuchen zu erklären und zu überzeugen“, sagt sie. Gemeinsam mit ihrem Team weist sie immer wieder auf die Honorarsituation der Apotheken hin. Medikamente werden zeitweise auch nur über die Notdienstklappe abgegeben. „Ich finde es nicht schlimm, dass ich meine Arzneimittel heute nicht direkt in der Apotheke bekomme“, sagt eine Patienten. Sie wisse jedoch nicht, worum es ginge. „Ist es vielleicht wie bei den Ärzten, dass auch die Apotheker mehr Geld wollen?“
Auch Apotheker Dr. Horst Kiefer informiert seine Kunden über den Honorarstreit. Er warnt besonders vor dem deutlichen Rückgang der Apothekenzahl. „Auch ich werde in zwei Monaten schließen, da ich keinen Nachfolger gefunden habe“, sagt der Inhaber der Central-Apotheke. Der Mut zur Selbstständigkeit habe stark nachgelassen. „Das wird in der Zukunft ein Problem werden.“
Zur Unterstützung sind auch die Vorsitzende des saarländischen Apothekervereins, Claudia Berger, und Kammerpräsident Manfred Saar in Liekfelds Apotheke gekommen. In TV- und Zeitungsinterviews senden sie ein Signal nach Berlin: „Wir hoffen, dass aus unserem kleinen Flämmchen ein Flächenbrand wird“, sagt Berger.
Sie sei stolz, dass sich dem Protest auch andere Bundesländer angeschlossen haben. „Das ist wichtig für das Selbstvertrauen der Apotheker“. Für die nahe Zukunft schließt sie auch weitere Aktionen nicht aus. Signalisiere die Politik kein Entgegenkommen, würden die Apotheker ihre Proteste bis zum Deutschen Apothekertag ausweiten.
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