Großhandel

Fixum: Gehe fordert 96 Cent

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Berlin -

Normalerweise ist der Großhandelsverband Phagro für die politische Interessenvertretung der Branche zuständig. Seit Jahren stößt der Verband bei der Politik aber mit seinen Honorarforderungen auf taube Ohren. Jetzt mischt sich der Stuttgarter Großhändler Gehe mit einem „Whitepaper“ ein und fordert die Anhebung des Fixzuschlages von 70 auf 96 Cent – rund 185 Millionen Euro mehr Handlingpauschale. Damit wäre die Kürzung der AMNOG-Sparrunde von 2011 noch nicht einmal ausgeglichen.

Erst kürzlich hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im neuen Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) für den aktuellen Fixzuschlag von 70 Cent als Reaktion auf das BGH-Urteil zum Skonto-Prozess ein Rabattverbot vorgeschlagen. Die Hoffnungen der Branche, zeitgleich eine Erhöhung einfahren zu können, haben sich damit wieder nicht erfüllt. Jetzt richten sich die Erwartungen darauf, dass Spahn im Zuge des für den Spätsommer angekündigten „Apothekengesetzes“ zum EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 auch den Großhandel bedenkt.

In diese Ausgangslage platziert jetzt Gehe sein „Whitepaper“: Aufgrund der gesunkenen Margen und den parallel durch gesetzliche Anforderungen gestiegenen Kosten fordert der Stuttgarter Großhändler eine Anpassung der Großhandelsvergütung. „Ganz konkret fordern wir eine Anpassung des Festzuschlags von 70 auf 96 Cent pro Packung sowie die Beibehaltung von 3,15 Prozent auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU). Der niedrige Anteil der Großhandelsspanne an den Gesamtkosten der GKV zeigt deutlich, wie effizient Gehe tagtäglich im Sinne der Arzneimittelversorgung arbeitet. Fakt ist aber auch, dass wir darauf angewiesen sind, dem unternehmerischen Risiko entsprechend entlohnt zu werden. Dies ist aktuell schlicht nicht mehr gegeben“, so Dr. Peter Schreiner, Vorsitzender der Gehe-Geschäftsführung.

Doch um die Leistungsfähigkeit Gehes auch langfristig sicherstellen zu können, sei die Politik gefragt. Denn zum einen seien die in der Arzneimittelpreisverordnung geregelten Margen durch das Wachstum hochpreisiger Arzneimittel gesunken. Zum anderen sehe sich Gehe rasant steigenden Kosten und gesetzlichen Anforderungen ausgesetzt. Die gesetzlichen Anforderungen an Gehe als vollversorgenden und flächendeckend tätigen Großhändler seien in den letzten Jahren stetig gewachsen.

An zwei Beispielen macht Gehe seine Bilanz auf: Seit 2015 setzte man die überarbeitete EU-Leitlinie für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln (Good Distribution Practice, GDP) sowie die EU-Arzneimittelfälschungsschutzrichtlinie (Falsified Medicines Directive, FMD) zur weiteren Verbesserung der Arzneimittelsicherheit um. Schreiner: „Die Politik ist gefordert, die durch gesetzliche Anforderungen entstandenen Mehrkosten und die sinkenden Margen in der Vergütung zu berücksichtigen. Allein die Umsetzung der GDP-Guideline hat bei Gehe seit der Einführung im Jahr 2015 rund 24 Millionen Euro zusätzliche Betriebskosten verursacht. Bei der FMD-Guideline, die ab Februar 2019 greift, schlagen bereits heute rund 18 Millionen Euro für notwendige Investitionen zu Buche.“

Parallel zu den stetig steigenden Kosten und Anforderungen sänken die gesetzlich geregelten Margen erheblich. Während 2003 die Marge im pharmazeutischen Großhandel noch 12,52 Prozent betragen habe, liege diese 2017 nur noch bei 4,38 Prozent. „Vor dem Hintergrund der sinkenden, gesetzlich geregelten Margen, der millionenschweren Mehrkosten sowie der hohen Investitionen wird offensichtlich, dass die Politik handeln muss“, so der Gehe-Chef.

Über diese für das Gesundheitssystem elementaren Leistungen hinaus unterstütze Gehe Apotheken bei der Finanzierung von Einkauf und Lagerung der Arzneimittel. Damit gehe der Stuttgarter Großhändler erheblich in Vorleistung, da die Apotheken ihre Rechnungen erst nach durchschnittlich 47 Tagen bezahlten. Hinzu komme der stetige Anstieg von hochpreisigen Medikamenten, der den Lagerwert bei Gehe insgesamt auf rund 400 Millionen Euro habe ansteigen lassen. Dadurch wird sowohl die Finanzierung von Krankenkassen und Apotheken unterstützt als auch der Kapitalfluss im Gesundheitssystem stabilisiert.

Eine Analyse von Gehe belege, dass circa 78 Prozent der Produkte, die mehr als 500 Euro kosten, in der Apotheke nicht auf Lager seien und kurzfristig über den Großhandel besorgt würden. Gehe unterstützt somit das Finanzmanagement ihrer Kunden in signifikantem Umfang. Allerdings gingen mit der Vorfinanzierung sowohl eine immer höher werdende Kapitalbindung als auch das Risiko von Forderungsausfällen einher.

Zudem fordert Gehe im „Whitepaper“, von den Krankenkassen frühzeitig über den Abschluss beziehungsweise das Auslaufen von Rabattverträgen informiert zu werden, um die zusätzlichen finanziellen Belastungen und Risiken zu minimieren sowie Lieferschwierigkeiten zu vermeiden. Gleichzeitig lehnt der Großhändler eine staatlich fixierte verringerte Belieferungsfrequenz von Apotheken ab, da dies unmittelbare Auswirkungen auf die Versorgungsqualität der Patienten zur Folge habe.

Denn Apotheken hätten weder die finanziellen Möglichkeiten noch den Lagerplatz, um die rund 128.000 verschiedenen Arzneimittel und apothekenüblichen Waren zu führen. So habe eine Apotheke durchschnittlich nur 4600 Artikel und somit lediglich 3,6 Prozent des Gesamtsortiments auf Lager. Schreiner dazu: „Kranke Menschen können nicht auf Arzneimittel warten. Deshalb setzen wir uns auch künftig für eine schnelle und sichere Verfügbarkeit von Arzneimitteln ein.“

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