Das Packungsfixum soll auf 9,50 Euro angehoben werden, je nach Versorgungslage können auch bis zu 11 Euro möglich sein – so hat es die AG Gesundheit während der Koalitionsverhandlungen herausgearbeitet und so steht es nun auch im Koalitionsvertrag. Doch hilft das den Apotheken wirklich? Und wie sieht es mit den anderen Vereinbarungen zu Entbürokratisierung und schnellerer Abschreibung aus? Kann hiermit der Investitionsstau in manchen Apotheken gelöst werden?
Hierüber diskutierte auf der APOTHEKENTOUR in Hamburg an diesem Wochenende der ehemalige Hamburger Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen mit Nadine Tröbitscher, Chefredakteurin von APOTHEKE ADHOC, und Tom Bellartz, CEO von ELPATO. Das Fazit: Im Vertrag steht vieles, das die Apotheken betrifft – auch als Unternehmen. Was am Ende umgesetzt wird, müsse abgewartet werden – und auch, welche politischen Maßnahmen schließlich welchen Impact haben.
Ganz klar sei: „Das ist der richtige Schritt in die richtige Richtung“, so Siemsen zur geplanten Erhöhung des Fixums. „Aber das reicht lange nicht aus.“ So stehe auch der Mindestlohn von 15 Euro im Koalitionsvertrag. „Das würde eine wahnsinnige Tariferhöhung bedeuten – das würde alles auffressen“, so der Inhaber der Neuen Eilbeker Apotheke. Verdient hätten es die Teams allemal, nur den Inhaber:innen wäre damit nicht geholfen. Und wer mit den möglichen 11 Euro Fixum bei erhöhtem Versorgungsgrad rechnen könne, stehe noch in den Sternen. „Kein Mensch weiß, wie der berechnet werden soll.“
Auch Bellartz resümiert bezüglich aller Maßnahmen: „Es geht um viel Geld.“ Dass sich die Krankenkassen hier anschließend innerhalb der angepeilten Verhandlungslösung auf weitere Kostenausgaben für die Apotheken einließen, sieht er nicht. Es müsse mehr gehen, die Kassen würden das aber nicht hergeben.
Einen wirtschaftlichen Unterschied alleine aufgrund der Lage sieht Siemsen bei den Apotheken nicht. Es gebe abseits des klassischen Bildes auch viele schlecht laufende Stadtapotheken und gut laufende Landapotheken. Und auch Schließungen habe es immer gegeben. Nur die aktuelle Dramatik in den Zahlen zeige das aktuelle Problem.
Wie sieht es mit den geplanten Abschreibungen bei Investitionen aus? Solche Maßnahmen der neuen Regierung würden sicher auch der gesamtwirtschaftlichen Lage zugute kommen: „Ich denke, dass es da einen Schub gibt, aber nicht bei den Apotheken“, so Siemsen. Investieren könne vermutlich nur das eine Drittel der Apotheken, denen es heute schon gut gehe.
„Was mir fehlt ist dieser Masterplan. Mit 9,50 Euro und auch mit 11 Euro wird Sterben verlängert“, meint Bellartz. Auch Siemsen ist sich sicher: „Das ist bei manchen eine lebenserhaltende Maßnahme.“ Dabei wäre schnelle Hilfe über das im Topf für pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) angesparte Geld möglich. Für Siemsen ist das eine Maßnahme, die die Kassen unweigerlich ins Auge fassen werden: „Das werden wir mit pDL nicht aufbrauchen. Da werden sich die Kassen einfach bedienen.“
Doch nun gelte es zunächst einmal das neue Fixum zu sichern – und das möglichst schnell. Das müsse dringend noch in diesem Jahr gesetzt werden, damit dann 2026 schon mit den Kassen weiterverhandelt werden kann. Jeder Verzug bedeute auch einen weiteren Verzug künftiger Anpassungen nach Verhandlungen mit den Kassen, gab Bellartz zu bedenken.
Das schnelle Durchbringen des Fixums sei noch aus einem anderen Grund wichtig: Danach könne man sich auch wieder auf andere Themen konzentrieren. Denn neben dieser grundsätzlichen Forderung müsse auch die Zukunft der Apotheken insgesamt weiter im Blick behalten werden. Das große Ganze dürfe nicht vergessen werden: „Was sind unsere Zukunftsthemen?“
Hierbei könnte es beispielsweise um mehr Verantwortung für die Apotheken gehen, wie es auch die Forderung der Abda widerspiegelt, eine einmalige Verlängerung eines bereits eingelösten Rezeptes zu ermöglichen. Bellartz fordert auch eine Ausweitung des Sortiments.
Auch müssten Apotheken wieder mehr Möglichkeiten zum selbstständigen Austausch von Arzneimitteln bekommen. Man sei damit während der Pandemie sehr verantwortungsvoll umgegangen, so Siemsen. „Ich verstehe sowieso nicht, dass das mit dem Austausch nach Corona zurückgefahren wurde“. Hier fehle es einfach am Vertrauen der Kassen. Dabei könnten Apotheken auch bei unkomplizierten Diagnosen, wie bei einer Bindehautentzündung oder einem Harnwegsinfekt die Praxen und Ambulanzen entlasten. „Das schaffen wir auch“, ist sich Siemsen sicher.
Sollte die Regierungsbildung nun ohne Komplikationen gelingen, wünschen sich Siemsen und Bellartz eine schnelle Einigung beim Fixum und den freien Weg hierfür ins Parlament bis zur Sommerpause. Auch damit dann ein Haken hinter die Sache gemacht werden könne und man sich wieder der nachhaltigen Zukunftssicherung der Apotheken widmen könne, schließt Bellartz.