APOTHEKENTOUR in Hamburg

„Filiale? Nur mit PTA-Vertretung!“

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Hamburg -

Yannick Detampel ist seit vier Jahren als Apotheker selbstständig und hat schon die Bundesrepublik wegen des Stillstands beim Apothekenhonorar verklagt. Was ihn dazu bewogen hat, warum der Protest jetzt schärfer werden muss und wieso er eine PTA-Vertretung in Filialen gut fände, erklärte er bei der APOTHEKENTOUR in Hamburg im Gespräch mit Tom Bellartz, Herausgeber von APOTHEKE ADHOC.

Detampel hat die Holsten Apotheke in Schacht-Audorf zwar erst vor vier Jahren übernommen, und der Betrieb in der schleswig-holsteinischen Provinz läuft auch gut, weil er die einzige Anlaufstelle weit und breit ist. Aber mit 31 Jahren hat der Apotheker eben noch ein langes Berufsleben vor sich – und das will er nicht in permanenten Existenzsorgen verbringen.

Die Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre sei für die Apotheken nicht sonderlich gut gewesen, so Detampel. Und es habe auch nicht den Anschein, dass sich etwas verändern werde. Da er aber nicht nur für sich selbst, sondern auch für sein Team eine Verantwortung trage, habe er sich mit Unterstützung durch die Freie Apothekerschaft zur Klage auf ein höheres Apothekenhonorar entschieden: „Ohne die Kolleginnen wäre ich nichts, daher brauche ich mehr Spielraum für die Vergütung.“

Noch nicht einmal die im Gesetz vorgeschriebene Überprüfung der Preisspannen habe stattgefunden, geschweige denn eine Erhöhung: „Die Kosten sind explodiert, da müsste man zwangsläufig zu dem Schluss kommen, dass das Apothekenhonorar angepasst werden muss.“

Die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) zur Disposition gestellten 3 Prozent müssten schon deswegen beibehalten werden, da die Abgabe von Hochpreisern sonst unwirtschaftlich werde. Beim Fixum sollte man 12 Euro fordern, damit man inklusive Abschlag irgendwo bei 10 Euro ankomme, so Detampel.

Kein Argument für Abschlag

Wegen des erhöhten Zwangsrabatts hätten die Apotheken zuletzt faktisch sogar eine Kürzung des Honorars hinnehmen müssen. Dabei gebe es eigentlich überhaupt keine Rechtfertigung für den Abschlag: „Er soll ja eine schnelle Zahlung garantieren, aber tatsächlich zahlen die Kassen ja erst einen Monat später – und manchmal sogar gar nicht, Stichwort: Retax.“ Eine Streichung wäre möglich, sie sei aber nicht gewollt, da sie direkt ins Budget der Krankenkassen eingreife, während der Rest umlagefinanziert sei.

Dass Umsatz und Ertrag nicht dasselbe seien, können man bei den Preissteigerungen im OTC-Bereich sehen: Hier würden wegen der Inflation nicht selten empfohlener Verkaufspreis und Einkaufspreis im selben Umfang angepasst, sodass für die Apotheke gar nichts übrig bleibe – außer Diskussionen mit der Kundschaft natürlich. Und zu allem Ärger kämen jetzt auch noch Konditionenkürzungen auf die Apotheken zu, die der Großhandel aufgrund der eigenen wirtschaftlichen Probleme selbst angestoßen habe.

Erst Dankbarkeit, dann „Arschtritt“

Seine Apotheke hat er mitten in der Pandemie übernommen – in konfusen Zeiten, wie er sagt. Damals habe es immer neue Über-Nacht-Aktionen gegeben, die die Apotheken stemmen mussten. „Die Dankbarkeit war dann schnell vergessen, heute bekommen wir einen ‚Arschtritt‘, weil wir angeblich so gut verdient haben“, ärgert er sich.

Warum die Klage? „Wenn man so lange ergebnislos verhandelt, muss sich irgendwann die Strategie ändern“, findet Detampel. Seinem Landesapothekerverband habe er das Gutachten zuerst präsentiert, doch passiert sei dort nichts. Deswegen sei er der Freien Apothekerschaft beigetreten, „weil die nicht nur rote Westen anziehen“.

Die Resonanz sei überwältigend gewesen, er habe etliche Mails und Anrufe in der Apotheke erhalten. „Das Bedürfnis der Kollegen, dass sich mal etwas tut, ist sehr groß.“ Deswegen findet er auch, dass der Protest endlich lauter wird. „Da muss so auf den Putz gehauen werden, dass der Druck auf die Politik erhöht wird, das geht nicht mit USB-Liebeskarten oder roten T-Shirts.“

Protest muss weh tun

Er selbst wäre bereit seine Apotheke auch eine Woche lang zu schließen, denn damit die Botschaft ankommt, muss es den Kunden „einmal richtig weh tun“. Seine Angestellten würde er in dieser Zeit natürlich bezahlen, sodass es für sie keinen Grund gibt, nicht mit zu streiken. „Das geht auf meine Kosten, ich muss ja langfristig denken. Noch läuft man Betrieb, aber ich will ja noch paar Jahre machen, und das macht nur Spaß, wenn man nicht ständig drangsaliert wird. Wir werden doch gebraucht!“

Von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält er nicht viel: „Am meisten ärgert mich seine Arroganz und dass er gar nicht offen ist für einen Diskurs. Er will nicht mit uns reden, macht irgendeinen Quatsch, hat aber gar keine Ahnung von Praxis. So kann man keine Politik machen.“

„Ein Rücktritt wäre perfekt, aber man weiß ja nicht, wer nachrückt“, so Detampel. Durch die anderen Parteien sieht er die Apotheken auch nicht besser vertreten: „Die erzählen jetzt, dass es mit ihnen besser wird. Dabei waren die selbst teilweise 16 Jahre lang im Amt. Aktuell sehe ich niemanden, dem man trauen kann.“

Perspektiven für PTA

Nur einer von Lauterbachs aktuellen Ideen für die Apotheken kann Detampel etwas abgewinnen: „Die Filialisierung würde ich nur angehen, wenn PTA eine leitende Funktion übernehmen könnten.“ Dabei geht es für ihn weniger um strukturelle Veränderungen, wie der Minister sie im Blick hat, sondern um die Aufwertung des PTA-Berufs: „Ich bin – wie übrigens viele jüngere Kollegen – absolut überzeugt davon, dass PTA im Apothekenalltag 95 Prozent der Sachen können, die ein Approbierter kann. Und dass sie die allermeisten Problemfälle alleine lösen könnten. Sie wissen vielleicht nicht alles, aber sie können ja fragen.“

Vor allem wäre eine solche Aufstiegsoption auch eine Möglichkeit, gut ausgebildete Fachkräfte in der Apotheke zu halten. Eine seiner Mitarbeiterinnen habe sich gerade entschieden, eine komplett neue Ausbildung zu machen, weil sie in ihrem Beruf keine Perspektiven mehr sehe: „Sie kann sich nicht vorstellen, das ewig zu machen. So gesehen wäre es super attraktiv, wenn sich PTA fortbilden und leitende Funktion übernehmen könnten.“

Keine Angst vor Amazon

Und weil er die Dinge positiv sieht, ist ihm auch vor dem Versandhandel nicht bange: „Die Qualität, die man als Apotheke bringen muss, kann selbst Amazon nicht liefern. Service setzt sich durch, und auch ans Zwischenmenschliche kommt nichts ran. Wer online kauft, hängt bei Fragen oder Problemen am Ende an der Hotline bei einem wenig motivierten Mitarbeiter im Call Center. Bei so etwas Kritischem wie der Arzneimittelversorgung ist das nichts.“

Und selbst wenn die Versender irgendwie einen Fuß vor Ort fassen könnten, wäre es nicht dasselbe wie heute: „Die inhabergeführte Apotheke ist immer noch etwas anderes als die Filiale, in der niemand mit Herzblut dahinter steht.“

Sein Wunsch an die Berufsvertretung? Dass ein richtiges Konzept vorlegt wird für eine Weiterentwicklung beim Honorar.

Sein Wunsch an die Politik? Dass man endlich mit den Apothekerinnen und Apothekern in den Diskurs geht und sich mit der Realität befasst, statt gravierende Einschnitte in die Gesundheitsversorgung in der Berliner Bubble am Reißbrett zu entwerfen.

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