Bund soll Medikamente beschaffen

Fiebersäfte: Union fordert Beschaffungsgipfel

, Uhr aktualisiert am 15.12.2022 17:45 Uhr
Berlin -

Angesichts der Lieferprobleme bei Medikamenten für Kleinkinder hat die Union umgehende Maßnahmen gefordert. „Noch vor Jahresende muss es einen Beschaffungsgipfel von Bund und Ländern geben, in dem Sofortmaßnahmen für diesen Winter koordiniert werden“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), am Donnerstag dem Nachrichtenportal t-online.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) müsse sich „schnellstens“ mit Ländern, Herstellern und Großhändlern abstimmen, sich bei Nachbarländern um übergangsweise Lieferungen bemühen und so rasch wie möglich einen Planungs- und Beschaffungsstab einrichten, forderte Sorge. Mittlerweile müssten Eltern im Ausland nach Medikamenten suchen. Wichtige Kinderarzneimittel, vor allem Fiebersenker, Antibiotika oder Hustenmittel, müssten jetzt zentral vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) gekauft, gelagert und verteilt werden, forderte Sorge.

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Professor Dr. Andrew Ullmann, sagte: „Die aktuelle Knappheit mancher Medikamente ist Folge verfehlter Gesundheitspolitik in Deutschland, aber auch in Europa und Nordamerika und daraus resultierender monopolistischer Versorgungsstrukturen.“ Verantwortlich sei die Große Koalition, die, ähnlich wie bei der Energieversorgung, trotz vieler Vorwarnungen Deutschland in einseitige Abhängigkeiten gebracht habe. „Um diese Strukturen aufzubrechen ist es wichtig, die Lieferketten rasch zu diversifizieren. Deutschland muss sich in mehreren Weltregionen mit notwendigen Medikamenten versorgen dürfen und dabei einen preislichen Spielraum haben.“

Festbeträge auf den Prüfstand

Außerdem müsse Europa wieder attraktiv für die Produktion von Arzneimitteln werden. „Die Versorgungssicherheit muss absolute Priorität haben. Für die akute Notsituation ist jegliche vertretbare Flexibilität angebracht. Auch der akute Einfluss von Rabatt- und Festpreisverträgen auf die Versorgungssicherheit muss jetzt dringend auf den Prüfstand.“

Auch bei manchen Medikamenten für Erwachsene hatte es zuletzt Lieferengpässe gegeben. Die Bundesregierung will als Reaktion das Vergaberecht ändern. Ziel ist laut Gesundheitsministerium, Lieferketten breiter anzulegen, damit die Abhängigkeit von einzelnen Herstellern abnimmt.

Discount-Medizin beenden

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte im Interview mit der „Zeit“, dass künftig nicht mehr allein der billigste Anbieter den Zuschlag bekommen, sondern diejenigen, die mehr Versorgungssicherheit anbieten. „Heute kommt bei der Medikamentenversorgung nur der allerbilligste Anbieter zum Zug – und wenn der ausfällt, gibt es Probleme. Wir arbeiten deshalb an einem Gesetz, dass sicherstellt, dass Medikamente in mehreren Weltregionen gleichzeitig beschafft werden müssen, damit wir
nicht mehr von ein oder zwei Fabriken weltweit abhängig sind.“

Und weiter: „Wir müssen die Discounter-Medizin beenden – das gilt für das Krankenhaus, bei der Arzneimittelversorgung und übrigens auch im niedergelassenen Bereich, wo Arztpraxen zunehmend von Investoren übernommen werden.“

Auch der Kinderärzte-Verband verlangte eine von der Politik angeschobene Beschaffungsaktion, um schnell an Fiebersaft, bestimmte Antibiotika und andere selten gewordene Präparate für kleine Kinder zu kommen. Da aktuell sehr viele Kinder krank seien, erlebe man eine sehr hohe Nachfrage etwa nach fiebersenkenden Medikamenten, sagte Verbandspräsident Thomas Fischbach der Rheinischen Post. Eine Festpreisregelung habe zum Abwandern der Produktion in Billiglohnländer wie Indien und China geführt, wo es nun Lieferkettenprobleme gebe, die zu Engpässen führten.

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