Apothekerkammer Saarland

Saar: FDP stellt Marktinteressen vor Verbraucherschutz

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Berlin -

Als erste Standesorganisation hat die Apothekerkammer des Saarlands auf das Wahlprogramm der FDP regiert und die Forderung nach Abschaffung „weiterer Marktzugangshemmnisse wie das Fremdbesitzverbot“ kritisiert. „Damit läge zukünftig die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln in den Händen von konzernabhängigen Apotheken(-ketten)“, so die Kammer. Außerdem macht sich die FDP für den Erhalt des Rx-Versandhandels stark.

„Norwegen und die USA haben gezeigt, was passiert, wenn das in Deutschland und in vielen europäischen Ländern geltende Fremdbesitzverbot für Apotheken wegfällt: Statt patientenorientiertem Verbraucherschutz durch konzernunabhängige Apotheken steht zukünftig umsatzorientiertes Marketing durch Apothekenketten im Vordergrund“, so Manfred Saar, Präsident der Apothekerkammer des Saarlandes. Durch mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen glaube die FDP, Einsparpotentiale heben zu können.

„Der von der FDP postulierte Liberalismus und Wettbewerb stößt gerade im Bereich der Gesundheit an seine Grenzen. Denn hier gilt nicht das Postulat von Angebot und Nachfrage. Der kranke Mensch ist kein Marktteilnehmer wie jeder andere, sondern ist darauf angewiesen, dass er im Rahmen des Sozialstaatsprinzips fachlich unabhängig beraten und behandelt wird“, so Saar weiter. Der Glaube an den sich selbst regulierenden und kostengünstigen Markt im Gesundheitswesen sei ein Irrglaube. Saar: „Wäre dem so, müssten die USA das beste und kostengünstigste Gesundheitssystem weltweit haben. Dem ist aber bekanntermaßen nicht so.“

Vielmehr habe sich gezeigt, dass das deutsche System der Frei- und Heilberuflichkeit im Gesundheitswesen dem konzerngläubigen System der USA weit überlegen sei. Allein die Frei- und Heilberuflichkeit sichere eine „professionelle und fachlich unabhängige, für jeden gleichberechtigt verfügbare und flächendeckende Gesundheitsversorgung.“ Außerdem erinnert Saar daran, dass der EuGH bereits mit dem Urteil vom 19. Mai 2009 die Rechtmäßigkeit des Fremdbesitzverbotes für Apotheken bestätigt habe. In der Begründung habe der EuGH ausgeführt, dass das Fremdbesitzverbot und damit das Verbot von Apothekenketten sachlich gerechtfertigt sei, um die qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland sicherzustellen.

FDP-Chef Christian Lindner hatte sich nach dem EuGH-Urteil mehrfach gegen ein Verbot des Rx-Versandverbots ausgesprochen. Zum Auftakt des FDP-Parteitages hatte Linder mit Blick auf diesen Streit gesagt, die FDP sei „nicht die Partei organisierter Interessen, sondern die Partei für die Wahlfreiheit der Kunden“. Die FDP stehe für Wettbewerb und nicht für den Schutz von Interessen. Man könne nicht Apotheken vor Ort und Versandapotheken gegeneinander ausspielen. „Der Staat ist nicht der Aufpasser oder Erziehungsberechtigte“, sagte Lindner. Die FDP setze auf den Einzelnen und „der ist nicht schwach oder hilfebedürftig“.

Im FDP-Wahlprogramm heißt es jetzt: „Zur Stärkung der inhabergeführten Apotheke vor Ort setzen wir Freie Demokraten uns ferner dafür ein, dass beispielsweise Abrechnungsmöglichkeiten für besondere Leistungen, insbesondere die individuelle Beratung, eingeführt werden. Ein Sicherstellungszuschlag für Apotheken in abgelegenen Standorten würde zudem dazu führen, dass die leistungsfähigen Strukturen flächendeckend erhalten bleiben“, heißt es darin. Zusätzlich müssten Notdienste angemessen honoriert und dringend Bürokratie im Arzneimittelwesen abgebaut werden.

Die FDP beteuert, mit diesen Vorschlägen die flächendeckende Versorgung mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln rund um die Uhr sowie die qualifizierte Beratung von Patienten zu sichern. Die FDP setze sich „für faire Rahmenbedingungen“ zwischen inländischen Apotheken und ausländischen Versandapotheken ein und wolle die inhabergeführten Apotheken in Deutschland stärken. „Ein pauschales Versandhandelsverbot von rezeptpflichtigen Arzneimitteln lehnen wir ab, denn jede Patientin und jeder Patient sollte die Wahlfreiheit haben, von wem er sein rezeptpflichtiges Arzneimittel bezieht“, so das Wahlprogramm.

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