Bei der FDP-Fraktion im Bundestag gibt es einen Wechsel bei den Zuständigkeiten. Der gesundheitspolitische Sprecher Professor Dr. Andrew Ullmann hat den Bereich Arzneimittel/Apotheken abgegeben. Berichterstatter ist jetzt Lars Lindemann – für die Apotheken kein Unbekannter.
Lindemann ist seit 1996 Mitglied der FDP; für den Juristen, der lange im MVZ-Bereich aktiv war, ist es die zweite Legislaturperiode als Abgeordneter; bereits von 2009 bis 2012 saß er für die FDP im Bundestag. Bereits damals war er Mitglied im Gesundheitsausschuss und in dieser Funktion immer wieder auch mit Apothekenthemen befasst. 2011 besuchte er den US-Konzern Medco in den USA und lobte das später beerdigte Joint Venture mit dem Stuttgarter Pharmahändler Celesio.
2012 sorgte er für Aufregung unter den Pharmazeuten, als er eine „Strukturbereinigung“ im Apothekenmarkt forderte: „Es muss nicht an jeder Straßenecke eine Apotheke geben“, sagte er der Zeitung „Die Welt“. „Es gibt mehr Apotheken als Tankstellen in Deutschland und mir ist kein Deutscher bekannt, der nicht wüsste, wie er rasch zu Benzin käme.“ Die damalige parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Ulrike Flach, beeilte sich klarzustellen, dass die FDP nicht in den Markt der inhabergeführten Präsenzapotheke eingreifen wolle.
Lindemann sorgte nur wenige Tage später für den nächsten Eklat: In einem eigenen Änderungsantrag für die damalige AMG-Novelle forderte er die unbefristete Selbstdispensation im Rahmen der Palliativversorgung. „Palliativpatienten und deren Angehörige sollen in den letzten oder psychisch sehr schwierigen Momenten nicht eine Apotheke aufsuchen müssen, nur weil die Apotheker Wert darauf legen, dass nur sie Arzneimittel abgeben, oder gar die Politik bevormundend meint, es darf nur für drei Tage sein.“ Die Interessen der Apothekerschaft müssten in diesen Fällen in den Hintergrund treten, so Lindemann damals.
Die Schlagzeilen um ihn rissen nicht ab. Noch vor dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag wechselte Lindemann Anfang 2013 zunächst zur Pharmakanzlei Ehlers, um kurz darauf seinen Job als Hauptgeschäftsführer beim Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) anzutreten – was ihm Kritik in der eigenen Partei einbrachte. In den letzten Wochen als Abgeordneter schaute Lindemann noch einmal bei Celesio vorbei, diesmal in Brasilien.
2017 sollte Lindemann Unparteiisches Mitglied im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) werden, doch der Gesundheitsausschuss lehnte dies wegen Vorbehalten ab. So blieb Lindemann beim SpiFa – und sorgte weiter für Schlagzeilen: Anfang 2018 berichtete die „Bild am Sonntag“ (Bams), dass sein Name auf einer internen Telefonliste des Bundestages als Mitarbeiter des FDP-Abgeordneten Christoph Meyer stehe. Damit besaß Lindemann weiter einen Hausausweis für den Bundestag und hatte somit Zugang zu allen Abgeordneten.
2019 schließlich verkündete der SpiFa eine Kooperation mit DocMorris. Lindemann sprach von einem „Meilenstein“ für innovative Ansätze in Sachen Arzneimittelinformation und -distribution. Ziel waren gemeinsame Verträge mit Krankenkassen auf der Grundlage des E-Rezepts, erweitert um ein Medikationsmanagement und AMTS-Tools. Zugleich wollten SpiFa und DocMorris gemeinsam Versorgungsmodelle entwickeln.
Das Verhältnis zur FDP wird für die Apotheken durch die Ernennung von Lindemann zum Berichterstatter also nicht einfacher. Nachdem die Partei vor einigen Jahren mit Forderungen nach Apothekenketten für Schlagzeilen gesorgt hatte, bemühte sich Ullmann zuletzt, verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen. Umso überraschender war die Prüfbitte der FDP ans Ministerium, ob sich das Apothekenhonorar deckeln ließe. Ullmann wollte dazu keine Stellung nehmen, aus FDP-Kreisen hieß es, dass man sich mit einer negativen Antwort für weitere Diskussionen habe wappnen wollen.
Zu den Hintergründen, warum Lindemann jetzt Berichterstatter für Arzneimittel/Apotheken ist, gab es keine Informationen. Ullmann bleibt gesundheitspolitischer Sprecher, er hatte den Posten erst im Mai von Christine Aschenberg-Dugnus übernommen. Ullmann ist seit 2017 Mitglied des Bundestages. Er ist Universitätsprofessor für Infektiologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie, internistische Onkologie und Infektiologie. Nach der Bundestagswahl hatten er und Aschenberg-Dugnus gemeinsam mit Dr. Heiner Garg und Nicole Westig in der AG Gesundheit für die FDP verhandelt.
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