Nachdem das erste Ausschreibungsverfahren für den Anbau von Cannabis in Deutschland gescheitert war, hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine zweite Ausschreibung veröffentlicht und darin die Gesamtmenge auf 10.400 kg Cannabis erhöht. Wenn dennoch die Nachfrage höher als das Angebot ist, dürfen Produzenten aus Gründen der Vorsorge ihren Bedarf um bis zu 30 Prozent steigern. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervor. Die Abgeordneten wollten unter anderem auch wissen, ob bestrahltes Medizinalhanf als Importware zulässig und verkehrsfähig ist.
Im Juli hat das BfArM einen zweiten Versuch gestartet, einen gesicherten Anbau von Medizinalcannabis in Deutschland mit einem maßgeblichen Versorgungsziel zu gewährleisten. Damit dies so schnell wie möglich erreicht werden kann, hat sich das BfArM „zur beschleunigten Fortsetzung des Vergabevorhabens entschieden, die erste Ausschreibung aufzuheben und eine neue Ausschreibung im offenen einphasigen Verfahren bekanntzumachen”, so die Bundesregierung. Denn zuvor handelte es sich um ein zweistufiges Verfahren. Die endgültige Auftragsvergabe soll im ersten Quartal des Jahres 2019 vergeben werden. Mit einer ersten Ernte wird im Jahr 2020 gerechnet.
In diesem Zusammenhang wollten die Abgeordneten wissen, welche geänderten Anforderungen es an die Teilnehmer des Vergabeverfahrens gibt im Vergleich zur vorherigen Ausschreibung. „Aufgrund der Einphasigkeit des neuen Verfahrens haben Bieter mit Erfahrung im Anbau und in der Verarbeitung von Arzneipflanzen die gleichen Chancen wie Bieter mit Erfahrungen im Cannabisanbau“, stellt die Regierung klar. Bis zu 13 Firmen könnten zum Zuge kommen, denn so viele Lose zu je 200 Kilogramm Jahresmenge werden für einen Zeitraum von vier Jahren ausgeschrieben.
„Geht die Bundesregierung davon aus, dass die ausgeschriebene Menge von 2600 kg Medizinalcannabis pro Jahr erhöht wird?”, lautet eine der 17 Fragen der Politiker. Die Regierung habe bereits einen erhöhten Bedarf berücksichtigt und die Menge von 6600 kg auf 10.400 kg Cannabis für vier Jahre erhöht. „Aus Gründen der Vorsorge erhält der mit den erfolgreichen Bietern abzuschließende Vertrag [...] eine Öffnungsklausel, um im Versorgungsbedarfsfall den Jahresplanbedarf um bis zu 30 Prozent erhöhen.”
Aus der Antwort der Bundesregierung geht weiterhin hervor, dass bis einschließlich Juli 2018 sechs Cannabis-Importeure einmal oder mehrfach die Erhöhung der festgesetzten Jahreshöchstmenge beantragt haben. Einer von ihnen soll beispielsweise eine Erhöhung von 2000 kg auf 2900 kg einmalig angefordert haben. Ein anderer habe sogar insgesamt sechs Mal die persönliche Höchstmenge verändern wollen. Cannabisblüten sind derzeit sehr begehrt; die bisherigen Importmengen decken die hohe Nachfrage jedoch nicht. Deshalb bekommt Deutschland bald Hilfe von den Niederlanden.
Und was passiert im Falle einer Überproduktion mit Cannabis? „Auf Verlangen der Cannabisagentur ist der Auftragsnehmer zur Vernichtung der Blüten verpflichtet, wenn die Cannabisblüten nicht veräußert werden können oder die Cannabisagentur es aus anderen Gründen verlangt”, heißt es. Reste der Anbaupflanze, die nicht mehr zu getrockneten Cannabisblüten weiterverarbeitet werden, müssen durch Verbrennung vernichtet werden. Das sei im Einheits-Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1961 über Suchtstoffe festgelegt. Durch diese Maßnahme sollen Missbrauch und unerlaubter Verkehr von Cannabis verhindert werden. Sofern sich allerdings eine Möglichkeit ergebe, aus den Resten Arzneimittel oder Wirkstoffe zu gewinnen, enthalte der Vertrag eine Nachhaltigkeitsklausel zur Ermöglichung des Verkaufs zu diesen Weiterverwendungszwecken an Dritte.
Cannabis-Importeure nutzen häufig ionisierende Strahlung, um eine Keimreduktion bei Importpflanzen zu erreichen. Auf die Frage der FDP-Politiker, welche zugelassene Importeure solche Bestrahlungen durchführen, äußerte sich die Bundesregierung nicht. Sie verwies unter anderem auf das Europäische Arzneibuch, in der die Anforderungen an die mikrobiologischen Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln, zu denen auch Cannabis gehört, festgelegt sind. „Diese Anforderungen können entweder durch definierte Anbau- und Herstellungsbedingungen und/oder durch Behandlung mit ionisierenden Strahlen erfüllt werden.” Letzteres sei zulässig und würde über §1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verordnung über radioaktive oder mit ionisierenden Strahlen behandelte Arzneimittel (AMRadV) geregelt.
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