Die FDP-Bundestagsfraktion sieht Forderungen nach einer Streichung der Lohnfortzahlung für Arbeitnehmer am ersten Krankheitstag kritisch. In einem Positionspapier sprechen sich die Liberalen dagegen für einen Bonus aus, den Arbeitgeber für jeden Kalendermonat ohne Krankmeldung steuer- und abgabenfrei und zusätzlich zum Grundgehalt gewähren könnten.
Die FDP-Bundestagsfraktion sieht Forderungen nach einer Streichung der Lohnfortzahlung für Arbeitnehmer am ersten Krankheitstag kritisch. In einem Positionspapier sprechen sich die Liberalen dagegen für einen Bonus aus, den Arbeitgeber für jeden Kalendermonat ohne Krankmeldung steuer- und abgabenfrei und zusätzlich zum Grundgehalt gewähren könnten.
Insgesamt könne ein maximaler Freibetrag für derartige Boni beispielsweise bei 3000 Euro pro Kalenderjahr liegen, heißt es in dem Papier. Und: „Vorzugswürdig gegenüber einer de-facto Bestrafung einer Krankmeldung erscheinen positive Anreize für Nicht-Krankmeldungen.“
Allianz-Chef Oliver Bäte hatte vorgeschlagen, den Karenztag wieder einzuführen. So würden Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Krankheitstag selbst tragen. Bäte hat damit eine Debatte über den Krankenstand in Deutschland angestoßen. Dieser liegt statistisch im internationalen Vergleich hoch.
In der Bundesrepublik gilt – anders als in einigen anderen Ländern – seit Jahrzehnten die Lohnfortzahlung ab dem ersten Krankheitstag. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland 2023 durchschnittlich 15,1 Arbeitstage krankgemeldet.
Ökonomen und Verbände warnen vor den volkswirtschaftlichen Folgen des hohen Krankenstands in Deutschland. So führe dieser zu geringerem Wirtschaftswachstum und höheren Ausgaben der Sozialversicherungen. Wirtschaftsexperten reagieren aber auch skeptisch auf den Vorschlag, Beschäftigten für den ersten Krankentag die Lohnfortzahlung zu streichen. Sie verweisen auch auf mögliche Risiken und unerwünschte Nebenwirkungen.
FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle warnte davor, Arbeitnehmern pauschal Antriebslosigkeit oder gar Faulheit zu unterstellen. „Unabhängig vom Einzelfall ist der Krankenstand in Deutschland aber zu hoch“, sagte er. Anreizmodelle seien besser geeignet, als sofort Lohnkürzungen in Betracht zu ziehen.
Die Arbeitnehmervereinigung in der CDU hat sich ebenfalls gegen Bätes Vorschlag ausgesprochen. „Dieser Vorschlag ist gänzlich inakzeptabel“, sagte der Vorsitzende Dennis Radtke dem „Tagesspiegel“. Er sprach von einer „Kultur des Misstrauens gegenüber allen Arbeitnehmern“ und einem „Klassenkampf von oben“. Menschen mit kleinen Einkommen würden sich dann krank zur Arbeit schleppen und andere gefährden, befürchtet Radtke.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprch sich ebenfalls gegen den Vorschlag des Allianz-Chefs aus. „Geht man krank zur Arbeit gefährdet man andere Menschen“, schrieb er auf der Plattform X. „Unsere hohen Krankheitszahlen gehen auf Versagen bei Vorbeugung chronischer Krankheiten zurück. Gesundes-Herz-Gesetz wurde durch FDP-Exodus gestoppt“, so Lauterbach zu seinem nicht mehr umgesetzten Reformvorhaben für mehr Prävention.
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