Favorisierte Apotheke unterläuft freie Apothekenwahl Nadine Tröbitscher, 15.10.2024 15:03 Uhr
Das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) stößt auf Gegenwehr und die Pläne haben es noch immer nicht ins Kabinett geschafft. Für die Apotheken soll es trotzdem Änderungen geben, und zwar über Änderungsanträge zum Gesetzentwurf zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit. Konkret geht es um die Ausweitung des Impfangebots in den Apotheken, favorisierte Apotheken und die Heimversorgung. Die Abda bezieht Stellung und warnt vor einem Unterlaufen der freien Apothekenwahl.
Eigentlich war die Einrichtung eines Bundesinstituts für Prävention und Information in der Medizin (BIPAM) das zentrale Thema im Gesetzesentwurf. Jetzt sollen per Änderungsantrag weitere Punkte an das Gesetz, das am Mittwoch in die Anhörung geht, angehängt werden. Zur Verbändeanhörung in den Gesundheitsausschuss ist auch die Abda eingeladen, die heute eine Stellungnahme abgegeben hat.
Favorisierte Apotheken – freie Apothekenwahl in Gefahr
Pflegebedürftige Versicherte sollen künftig auf Antrag eine Apotheke als „Favorisierte Apotheke“ festlegen können. Diese kann dann E-Rezepte für den Versicherten einlösen, wenn sie vom Versicherten dazu aufgefordert wurde – beispielsweise telefonisch. Der Besuch in der Apotheke oder Nutzung die E-Rezept-App ist dafür nicht nötig.
Die Regelung für die favorisierte Apotheken unterstützt die Verbreitung des Apotheken-Ident. Für Versandapotheken soll Post-Ident für die Bestimmung einer favorisierten Apotheke zugelassen werden.
Das Vorhaben stößt bei der Abda auf Ablehnung. Der Grund: „Die Regelungen bieten ein Einfallstor für Apotheken ohne Versorgungsvertrag, die als favorisierte Apotheke benannt werden und auf dieser Basis große Teile der Versorgung übernehmen“, so die Abda.
Heimversorgung
Bedenken gibt es aber nicht nur in puncto Heimversorgung. Denn der Entwurf sieht vor, dass Versicherte nach der allgemeinen Bestimmung der Favorisierten Apotheken selbst oder durch Beauftragte formlos den Abruf im Einzelfall auslösen können. „Bei diesem Verfahren sind eine sichere Identifizierung und Autorisierung für den Empfänger nicht möglich“, bemängelt die Abda. Zudem ist nicht klar, wie die vorgesehene nachträgliche Identifizierung technisch in einer praktikablen Art und Weise gewährleistet werden kann. Außerdem werde der Schutz der Patientendaten deutlich reduziert.
Die Abda bezweifelt, dass geeignete technische Vorkehrungen getroffen werden können, um systematische Abfragen durch Favorisierte Apotheken, die ohne vorherigen Einzelauftrag durchgeführt werden, verhindert werden können. „Deshalb ist zu erwarten, dass an dieser Stelle die freie Wahl der Apotheke durch die Versicherten unterlaufen wird.“
Zwar können im Falle eines Abrufs durch eine Apotheke ohne ausdrückliche Beauftragung eine Ordnungswidrigkeit bis 50.000 Euro verhängt werden, aber diese Sanktionsmöglichkeit wird aus Sicht der Abda wirkungslos bleiben. Zudem sei der Nachweis entsprechender Verstöße außerordentlich schwierig. „Wir sehen auch keinen Bedarf für die neuen Regelungen“, fügt die Abda hinzu. Denn: Die Weiterleitung von E-Rezepten ohne Aufsuchen der Apotheken ist den Patientinnen und Patienten mittels der Gematik-App und des Card-Link-Verfahrens bereits jetzt möglich.
„Die Apotheken vor Ort könnten hierdurch erhebliche wirtschaftliche Nachteile und die Heimbewohner Nachteile in Bezug auf die Qualität der Arzneimittelversorgung erleiden.“
Direktzuweisung
Die Direktzuweisung von Rezepten durch Arztpraxen an Apotheken ist nicht erlaubt. Für E-Rezepte soll über eine Änderung in § 12a Absatz 4 Apothekengesetz (ApoG) eine Ausnahme vom Abspracheverbot zwischen Ärzt:innen und Apotheken geregelt werden, die auf der Basis eines Versorgungsvertrags Bewohner von Pflege- und Altenheimen mit Arzneimitteln versorgen. Doch die Möglichkeit des Heimbewohners, den Arzt im Einzelfall um Zuleitung an eine bestimmte Apotheke zu bitten, darf nicht in eine regelhafte Zuweisung an eine bestimmte Apotheke überführt werden, appelliert die Abda.
Zudem bestehe kein Regelungsbedarf, da die Integration der Pflegeeinrichtungen in die Telematik-Infrastruktur angekündigt und demnächst erwartbar ist. Dann stehe nach der geltenden Rechtslage ein Übermittlungsweg von Verschreibungen an das Pflegeheim und von dessen Personal an die heimversorgende Apotheke oder im Einzelfall in Ausübung der freien Apothekenwahl durch den Heimbewohner benannte andere Apotheke zur Verfügung.
Ausweitung des Impfangebotes
Apothekerinnen und Apotheker sollen künftig Schutzimpfungen mit Totimpfstoffen für Personen ab 18 Jahren durchführen dürfen. Zudem sollen weitere In-vitro-Diagnostika für patientennahe Schnelltests von Approbierten durchgeführt werden dürfen. Die Abda begrüßt die Erweiterung des Impfspektrums und der Testungen. „Damit kann in Ergänzung der in den Arztpraxen durchgeführten Impfungen ein weiterer Beitrag zur Erhöhung der Impfquoten geleistet werden.“
Eine Sache fehlt
„Erforderlich ist aus unserer Sicht noch eine Rechtsverordnung durch das Bundesministerium, in der die Apothekenvergütung geregelt wird“, schließt die Abda ihre Stellungnahme.