Ärzte-Korruption

Mehr als 930 Ermittlungsverfahren gegen Ärzte

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Berlin -

Offenbar haben mehr Ärzte als gedacht Geschenke von Pharmaunternehmen angenommen. Gegenüber dem Spiegel räumte Dr. Frank Ulrich Montgomery, Chef der Bundesärztekammer (BÄK) ein, dass die 17 Ärztekammern in den vergangenen Jahren mehr als 900 Verfahren eingeleitet haben: "Wir kommen da auf 480 Ratiopharm-Fälle und fast 450 weitere Fälle." Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im vergangenen Jahr entschieden, dass sich Mediziner strafrechtlich nicht angreifbar machen, wenn sie Zahlungen und Geschenke von Herstellern annehmen.

Die meisten Ermittlungsverfahren drehen sich um den Hersteller Ratiopharm: Im Fokus stand ein Vertriebskonzept des Generikakonzers, bei dem Ärzte mit finanziellen Anreizen gelockt wurden, die Produkte des Herstellers bevorzugt zu verordnen.

Seit 2005 hatten bundesweit mehrere Staatsanwaltschaften gegen Ärzte und Außendienstler von Ratiopharm ermittelt. Die meisten Verfahren waren zwischenzeitlich eingestellt worden. Das Landgericht Hamburg hatte jedoch einen Arzt und eine Pharmareferentin von Ratiopharm verurteilt. Der BGH hatte dann entschieden, dass dies strafrechtlich nicht greifbar ist.

Montogomery zufolge wurden viele der verdächtigten Mediziner jedoch berufsrechtlich bestraft: "Die Ärztekammern haben 163 Ratiopharm-Ärzte bestraft, nachdem uns die Staatsanwaltschaften Akten zur Verfügung gestellt haben."

Viele Politiker fordern derzeit ein neues Anti-Korruptionsgesetz, mit dem ein neuer Straftatbestand geschaffen wird. Die Mediziner wollen sich jedoch weiterhin selbst überwachen: "Wir Ärzte brauchen mehr Ermittlungsrechte. Ich wäre sehr dafür, dass wir eine polizeiähnliche Funktion bekämen, damit wir sehr früh schon selbst durchsuchen und Akten beschlagnahmen können." Er sei gegen ein "Spezialgesetz für Ärzte".

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