Nach kurzer schwerer Krankheit stirbt der Besitzer der einzigen Apotheke im bayerischen Farchant. Sein Team will den Betrieb aufrechterhalten, doch bis zur Wiedereröffnung mussten erst viele juristische Hürden aus dem Weg geräumt werden. Wer erbt, ist nach wie vor unklar.
„Mit unglaublichen Elan hat er seine Apotheke geführt, das war sein Baby“, erinnert sich Mitarbeiterin Dr. Gisela Waeckerle an ihrem Chef. Am 7. Mai starb Anton Zeller nach einer kurzen, schweren Krankheit im Alter von nur 54 Jahren. „Das war für uns alle eine schwere Zeit, aber das ganze Team hat fest zusammengestanden, eine für die andere“, ergänzt Kollegin Sabine Weiß. Sie ist seit 2010 in der Apotheke, Waeckerle kam ein Jahr später dazu.
Für die beiden Approbierten und auch für den Rest des Teams stand felsenfest: Der Betrieb muss weitergehen. Schließlich ist die Alpspitz-Apotheke die einzige in Farchant. Nicht nur von den Einwohnern der 3600-Seelen-Gemeinde werde sie rege genutzt. „Zu uns kommen auch viele Touristen, die im Umland von Garmisch-Partenkirchen Urlaub machen.“
Doch weiterzumachen, war einfacher gesagt als getan. „Wir wussten nicht, wer für uns zuständig ist“, berichtet Weiß. „Wir haben sämtliche Ämter abgeklappert.“ Die Betriebserlaubnis für die Apotheke galt nur für Eigentümer Zeller und erlosch automatisch mit seinem Tod. „Wir haben so lange weitergemacht, bis uns der Hahn zugedreht wurde“, sagt Weiß. „Der Großhandel belieferte uns nicht mehr mit Medikamenten und Hilfsmitteln, weil auch die Verträge nicht mehr gültig waren. Das Landratsamt verfügte die Schließung, weil es die Arzneimittelsicherheit gefährdet sah. Schließlich lagerten in der Apotheke Arzneimittel und Gefahrstoffe, die nun niemandem mehr gehörten.“
Nach der Schließung liefen Weiß und Waeckerle zu großer Form auf. „Wir haben mehr gearbeitet als zuvor, sind permanent zu allen Ämtern gerannt, damit wir so bald wie möglich wieder eröffnen können“, berichtet Weiß. „Die Kunden waren extrem verunsichert, weil ihre Apotheke nicht mehr da war.“ Alle versprachen Unterstützung, bis hinauf zum Bürgermeister. „Das ganze Dorf hat Anteil genommen. Das Landratsamt, der Pharmazierat, das Nachlassgericht, die Ärzte vor Ort und natürlich das ganze Team zogen an einem Strang.“
Das zuständige Gericht bestimmte einen Nachlasspfleger. Unter Hochdruck wurde dann an einer Lösung gearbeitet. Drei Wochen nach der Schließung war das Team am Ziel. „Das Landratsamt erteilte eine vorläufige Betriebsgenehmigung, die Geschäfte laufen erst einmal über den Nachlasspfleger, auch der Großhandel beliefert uns wieder“, erzählt Weiß. Am 12. Juni konnte die Alpspitz-Apotheke zur Erleichterung aller Beteiligten wieder eröffnen.
Wer die Apotheke einmal erben wird, steht auch heute noch nicht fest. „Es gibt wohl Geschwister, aber keine sonstigen direkten Verwandten“, hat die Apothekerin erfahren. Finanzielle Sorgen habe sich das Team nicht auch noch machen müssen: „Alle Arbeitsverträge gehen über den Tod hinaus, unser Gehalt wird aus dem Nachlass gezahlt.“
Der jetzige Zustand ist nur für einen Übergang gedacht. Der Nachlasspfleger will dafür sorgen, dass die Apotheke so zeitnah wie möglich verkauft wird.
Die beiden Pharmazeutinnen aus dem Team kämen als Besitzerinnen infrage. Doch Waeckerle winkt ab: „Ich bin jetzt 69 Jahre, das ist eher ein Alter, in dem man allmählich über den Ruhestand nachdenken sollte, so ungern ich das auch tue.“ Weiß dagegen will sich der Herausforderung stellen: „Es lohnt sich finanziell, der Ort ist schön und auch die Leute sind hier sehr nett. Ich will hier gerne bleiben.“
Stirbt ein Apothekenbesitzer, können seine Hinterbliebenen die Apotheke für eine bestimmte Zeit an einen anderen Apotheker verpachten. Für den Lebenspartner gilt diese Regelung solange, bis er neu heiratet. Erben die Kinder die Apotheke, dürfen sie sie für eine begrenzte Zeit verpachten – bis das jüngste Kind das 23. Lebensjahr vollendet. Beginnt eines der Kinder das Pharmaziestudium, kann die Frist bis zu dessen Beendigung verlängert werden.
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