Bundestag

Lebenslauf-Lüge: Petra Hinz wehrt sich

, Uhr aktualisiert am 10.08.2016 23:12 Uhr
Düsseldorf -

Neue Wendung in der Affäre Hinz. Erst teilt die SPD-Politikerin kräftig aus. Nun nennt sie ein konkretes Datum für die Rückgabe ihres Bundestagsmandats. Die Diäten für diesen Monat will sie nicht behalten.

Jetzt hat Petra Hinz das von der SPD dringend geforderte Datum doch noch genannt. Noch drei Wochen will die wegen ihrer „Lebenslauf-Lüge“ heftig kritisierte Politikerin ihr Bundestagsmandat behalten. Ende August soll dann Schluss sein, ließ die 45-Jährige wissen, die zur Zeit in einer Klinik ist und mit ihrer Partei über Zeitungsinterviews kommuniziert. „Ich lege nach Rücksprache mit den Ärzten mein Bundestagsmandat bei einem Notar zum 31. August nieder“, sagte die Politikerin den Zeitungen Westdeutsche Zeitung, Solinger Tageblatt, Remscheider Generalanzeiger, Aachener Zeitung und Aachener Nachrichten.

Tags zuvor hatte Hinz sich nach wochenlangem Schweigen in genau diesen Zeitungen erstmals öffentlich zu Wort gemeldet. Den Mandatsverzicht gegenüber einem Notar zu erklären, hatte sie da noch abgelehnt und gesagt, sie wolle „behutsam und respektvoll damit umgehen“. Zugleich hatte sie auf Konfrontation und Kritik geschaltet und besonders ihre Partei-„Freunde“ NRW-Justizminister Thomas Kutschaty und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ohne blumig-diplomatische Verpackung ins Visier genommen.

Hinz klagte an, teilte aus. Angesichts des Skandals, den sie als Hochstaplerin ausgelöst hat, „nicht sonderlich klug“, meint auch der Kommunikationswissenschaftler Christoph Bieber. „Nach allem, was wir aus der politischen Skandalforschung wissen, wäre eine ausführliche öffentliche Entschuldigung die bessere Variante gewesen.“ Hinz hat entgegen ihrer langjährigen Angaben weder Abitur noch Jura studiert.

Kutschaty, zugleich SPD-Chef in Essen, habe Absprachen gebrochen, behauptete Hinz. Für ihren Rückzug hätten sie beide gemeinsam am 19. Juli abends eine Zeitschiene vereinbart, der Minister habe sich daran aber nicht gehalten. „Kutschaty hat mich endgültig zum Abschuss freigeben.“ Dabei sei sie doch „immer loyal“ gewesen. Der SPD-Minister dementierte ein solche Verabredung vehement: „In dem Telefonat in der Nacht des 19. Juli hat sich Frau Hinz geweigert, ihr Mandat abzugeben. Wir haben nichts vereinbart.“

Auch die Ministerpräsidentin bekam ihr Fett weg. Hannelore Kraft habe sich bei ihr gemeldet, aber keine Hilfe angeboten, klagte Hinz. „Ich störe natürlich. In nächsten Jahr sind Landtagswahlen. Es geht darum, mich so schnell wie möglich von der Bildfläche verschwinden zu lassen.“ Sie verstehe zwar die Sorgen, aber: „Dass es anders geht, haben Sigmar Gabriel und Ulla Schmidt gezeigt. Sie haben sich ernsthaft bemüht, den Menschen Petra Hinz zu sehen“, sagte die Noch-Abgeordnete über den Bundeswirtschaftsminister und die Ex-Gesundheitsministerin.

Kraft reagierte verärgert. „Wie viele andere kann ich nicht verstehen, dass sie in der Lage ist, Interviews zu geben, aber es bisher nicht schafft, wie angekündigt ihr Bundestagsmandat niederzulegen“, sagte sie der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Hinz hätte „schnell und sauber“ mit ihrem Fehler umgehen und das Bundestagsmandat sofort abgeben müssen. Das habe sie Hinz „in einem ruhigen, persönlichen Telefonat“ auch so gesagt.

Ihre Ämter in Partei und Essener Ortsverein hatte Hinz Anfang des Monats niedergelegt. Dass sie jahrelang täuschte und abtauchte, entsetzt auch in Berlin. Kutschaty befürchtet, ihr Verhalten füge dem Bild des Berufspolitikers Schaden zu.

Die Reaktionen auf die Äußerungen von Hinz in der Bevölkerung seien vernichtend. „Allein die E-Mails, die bei mir heute eingegangen sind, zeigen, dass die Bürger kein Verständnis haben. Viele sagen: Erst hat sie gelogen, dann klebt sie an ihrem Mandat und zuletzt gibt sie auch noch verheerende Interviews.“

Um die Diäten, die sie weiter erhält, sei es ihr in elf Jahren Bundestag nie gegangen, beteuerte Hinz nun. Ihre Bezüge für den Monat August will sie spenden. Diese Anregung hatte ihr Kutschaty gegeben – per Interview im Kölner „Express“.

 

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