„Nach unserer Kenntnis zeigen die Geschäftsentwicklung und das Geschäftsverhalten einzelner Apotheker, dass auch inhabergeführte Apotheken nach den Grundsätzen der Rentabilität ausgerichtet sind.“ Wolfgang Schild (CDU), Staatssekretär im saarländischen Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales, hätte es bei der Rechtfertigung des vermuteten Anwendungsvorrangs des Europarechts belassen können. Doch unter den Augen seines neuen Dienstherren, Professor Gerhard Vigener, warf sich Schild für Apothekenketten in die Bresche.
Laut Schild ist ein erhöhtes Gesundheitsrisiko in Apotheken unter Kapitalgesellschaften ausgeschlossen; was für angestellte Ärzte in Krankenhäusern gelte, müsse auch bei Apotheken Anwendung finden. „In der DocMorris-Apotheke ist die Beratung und Abgabe durch qualifiziertes Personal sichergestellt“, so Schild. Dem deutschen System fehlt laut Schild dagegen bereits heute jede Konsistenz: Das Beispiel der Verpachtung zeige, dass anderenfalls „Gesundheitsrisiken zugunsten von Apothekerwitwen“ in Kauf genommen würden.
Das Gewinnstreben sei nicht abhängig von der Größe des Unternehmens; im Übrigen könnten sich auch Kapitalgesellschaften nicht leisten, wegen Beeinträchtigungen bei der Versorgung Kunden zu verlieren. Dass es mit der Versorgungsqualität auch unter dem derzeitigen Fremdbesitzverbot nicht zum Besten steht, belegen laut Schild die jüngsten Untersuchungen von Stiftung Warentest. Aus der Tatsache, dass beim Test der Versandapotheken DocMorris im Vergleich gut abgeschnitten habe, schloss Schild, dass möglicherweise gerade große Unternehmenseinheiten Chancen zu einer fehlerfreieren Qualitätssicherung böten.
Im Übrigen glaubt Schild, dass die Regeln der Apothekenbetriebsordnung und die Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden Einbußen bei der Versorgung hinreichend verhindern können. Schild sieht auch keinen Spielraum zur Beeinflussung durch die Arbeitgeber: „Nur wenige Fälle sind überhaupt denkbar, in denen sich Weisungen an die angestellten Apotheker auswirken können.“ In solchen Fällen dürften die Apotheker diese nicht befolgen.
Laut Schild sind die Angestellten durch den Ausschluss des Kündigungsrechtes vor disziplinarischen Konsequenzen hinreichend geschützt; stattdessen müssten die Inhaber mit Konsequenzen rechnen. In diesem Sinne bügelte Schild die vom Anwalt der Saarbrücker Apothekerin Helga Neumann-Seiwert, Heinz-Uwe Dettling, vorgetragenen Beschwerden britischer und norwegischer Apotheker ab: Diese müssten sich eben an ihre Behörden wenden.
„Norwegen ist ein großes Land“, das Saarland sei ein kleines, so Schild. Man dürfe europarechtliche Fragen nicht alleine anhand der norwegischen und der saarländischen Situation klären. Die Gegner hätten aber wenig zu Entwicklungen in anderen Ländern vorgetragen; typisch wären die norwegischen Befunde nur, wenn sie sich auch in anderen Ländern finden ließen.
Dem deutschen Gesetzgeber warf Schild „Treuewidrigkeit“ vor, bevor er den Antrag auf aufschiebende Wirkung der Bundesregierung angriff: „Es wird kein rechtsloser Zustand ausbrechen.“ Die Umsetzung des erwarteten Urteils sei ein alltäglicher Vorgang im Leben eines Rechtsauslegers, der ganze Vorgang eine der Geschichten, die das Leben schreibt.
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