Nach dem Medizinskandal um gepanschte Krebsmedikamente in einer Apotheke in Bottrop zieht das NRW-Gesundheitsministerium weitere Konsequenzen. Minister Karl-Josef Laumann (CDU) will in einer Vergleichsstudie überprüfen lassen, ob und in welchem Maß die Krankheitsverläufe von Patienten, die Krebsmittel aus der Apotheke erhalten haben, von Patientengruppen abweichen, die mit ordnungsgemäß hergestellten Arzneimitteln behandelt wurden. Mit Ergebnissen sei nicht vor Ende 2019 zu rechnen.
Das Landgericht Essen hatte Anfang Juli sein Urteil in einem der größten Medizinskandale der vergangenen Jahre gesprochen. Die Richter sehen es als erwiesen an, dass Apotheker Peter Stadtmann in der Alten Apotheke in Bottrop aus Habgier und um seinen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren über mehrere Jahre Sterilrezepturen absichtlich zu niedrig dosiert hat. Die Medikamente seien in ihrer Qualität „nicht unerheblich“ gemindert gewesen, Stadtmann sei schuldig, in 14.000 Fällen gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) verstoßen zu haben. Außerdem sehe man 59 Betrugsfälle als erwiesen an. Die Richter verhängten auch ein lebenslanges Berufsverbot.
Opfer des Apothekerskandals haben zwischenzeitlich angekündigt, dass sie den Kreis Recklinghausen in Regress nehmen wollen. Denn der gemeinsamen Apothekenaufsicht der Städte Bottrop, Gelsenkirchen und Recklinghausen geben sie eine Mitschuld an den Ereignissen. Der Kreis weist die Vorwürfe zurück.
Das Gesundheitsministerium hatte in der Folge alls Zyto-Apotheken des Landes kontrolliert: 123 Proben aus 116 Apotheken hatten die Kontrolleure genommen und nur eine davon sei zu beanstanden gewesen, hieß es Ende vergangener Woche aus dem NRW-Gesundheitsministerium. Auf Nachfrage von Correctiv räumte es jedoch ein, dass die Mängelliste doch länger ist, als die Ergebnisse der Zyto-Proben vermuten ließen. „In allen kontrollierten Apotheken wurden nach derzeitigem Kenntnisstand Mängel festgestellt”, so das Ministerium.
Insgesamt 897 Mängel haben die Kontrolleure demnach in den untersuchten Apotheken festgestellt. Der überwiegende Teil, nämlich 761, waren Dokumentationsmängel. 136 waren organisatorischer Natur. Diese wiederum wurden in Mängel mit geringer Schwere eingeteilt sowie in schwere Mängel, die „über die Mängelbeseitigung hinausgehende Maßnahmen erfordern“. Lediglich acht Fälle fielen unter die zweite Kategorie. Aber: Sie alle wurden in ein und derselben Apotheke festgestellt.
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