Wer unter Drogeneinfluss am Steuer erwischt wird, sollte ein Rezept vom Arzt vorweisen können. Denn bei verordneter Therapie und bestimmungsgemäßem Gebrauch muss der Fahrer nicht mit einer Strafe rechnen. Das Oberlandesgericht Bamberg (OLG) verwies jetzt einen Fall wegen lückenhafter Beweislage zurück ans zuständige Amtsgericht.
Der Mann hatte im Dezember 2017 Cannabis konsumiert und war danach ins Auto gestiegen. Bei einer Verkehrskontrolle fiel auf, dass der Grenzwert von THC mit einer festgestellten Konzentration von 11 ng/ml um mehr als das 10-Fache überschritten war. Den Beamten war der Fahrer „einschlägig bekannt“ – und die Argumentation, dass er „nur“ medizinisch verordnetes Cannabis konsumiert hatte, erschien ihnen daher wenig glaubhaft. Für seine Fahrtauglichkeit sei es auch unwesentlich, ob der Betroffene sich das Marihuana auf dem Schwarzmarkt besorgt oder medizinisch verordnetes Marihuana konsumiert habe.
Das stimmt allerdings nicht ganz: Denn im Straßenverkehrsgesetz (StVG) gibt es eine sogenannte Medikamentenklausel. Demnach ist es keine Ordnungswidrigkeit, wenn eine berauschende Substanz „aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt“.
Der Fahrer fühlte sich im Recht, da er Cannabis wegen körperlicher Beschwerden durch eine Beinprothese am rechten Bein konsumiere. Das Amtsgericht folgte jedoch den Ausführungen des Sachverständigen, wonach es keinen Unterschied zwischen ärztlich verordnetem und illegal erworbenem Marihuana gibt. Es handele sich schließlich um den gleichen Wirkstoff. Schon wegen der enormen Überschreitung des Grenzwertes sei es „vollkommen unbedeutend“ woher das Cannabis stamme, das er konsumiert habe, urteilte das Amtsgericht.
Das OLG befand jedoch, dass sich der Richter der Instanz mit der angeblichen Verordnung hätte weiter befassen müssen. Nachdem der Betroffene sich ausdrücklich darauf berufen hatte, hätte geprüft werden müssen, ob eine ärztliche Verordnung vorgelegen hat oder nicht. Der Fall geht nun zurück zur erneuten Beweisaufnahme.
Berichten von Cannabispatienten zufolge ist die Teilnahme am Straßenverkehr nicht immer reibungslos: In der Anfangs- sowie Einstellungsphase mit Medizinalhanf kann die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt sein. Schwierigkeiten kann auch die Polizei bereiten, wenn Cannabis mitgeführt und/oder konsumiert wird. Möglich ist eine Anordnung einer medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU). Um bei einer möglichen Verkehrskontrolle Probleme zu vermeiden, wird Patienten empfohlen, eine Rezeptkopie oder eine Bescheinigung des Arztes bei sich zu führen.
Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) rät Cannabispatienten davon ab, insbesondere zu Therapiebeginn sowie in der Dosisfindungsphase aktiv am Straßenverkehr teilzunehmen. „Ausreichend verlässliche wissenschaftliche Informationen zu dieser Frage liegen nicht vor“, so das BfArM. Ob bei stabiler Dosierung die Teilnahme am Straßenverkehr möglich ist, müsse der behandelnde Arzt in jedem Einzelfall nach Rücksprache mit dem Patienten entscheiden.
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