Arzttermine

Fachärzte lassen Kassenpatienten warten Benjamin Rohrer, 18.07.2011 15:28 Uhr

Berlin - 

GKV-Versicherte müssen bis zu 52 Tage länger auf einen Termin beim Facharzt warten als Privatpatienten. Dies geht aus Testanrufen der AOK Rheinland/Hamburg in Arztpraxen fünf verschiedener Fachgruppen hervor. Bei Kardiologen war die Diskrepanz laut AOK am größsten: Während Kassenpatienten im Schnitt nach 71 Tagen einen Termin bekamen, konnten Privatversicherte schon nach 19 Kalendertagen beim Arzt vorsprechen. Für die Ärzte ist die Studie in erster Linie ein Füller für das „Sommerloch“.

Der Untersuchung zufolge müssen Kassenpatienten auch bei Orthopäden mehr als drei Mal solange warten: 22 statt 6 Tage. Auf einen Termin beim Radiologen warten Kassenpatienten 46 Tage, Privatversicherte nur sieben Tage. Bei Psychotherapeuten liegen die Wartzeiten bei 94 beziehungsweise 88 Tagen, bei Augenärzten bei 37 Tage beziehungsweise 16 Tagen.

Die AOK hatte in der ersten Juniwoche rund 850 Testanrufe in Facharztpraxen durchgeführt. Anlass seien immer häufigere Beschwerden von Versicherten gewesen: „Wir haben in den vergangenen Monaten immer mehr Beschwerden über lange Wartezeiten bekommen“, so ein Kassensprecher. Bei den Anrufen hatten sich die Mitarbeiter zunächst als Kassenpatient ausgegeben, in einem späteren Anruf als Privatversicherter.

Die AOK bezeichnete die Ergebnisse als „ärgerlich“ und will mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) in den Testgebieten Hamburg und Nordrhein darüber diskutieren.

Bei den Ärzten weist man die Kritik weit zurück: „Diese nicht repräsentative Untersuchung ist ohnehin nur eine Momentaufnahme und legt lediglich das strategisches Ziel der Kassen offen, die ambulanten Fachärzte abzuschaffen und die fachärztliche Versorgung nur mehr in Krankenhäusern vorzuhalten“, sagte der Präsident des NAV-Virchowbundes, Dr. Dirk Heinrich.

Im Europavergleich sei der deutsche ambulante Sektor durch seine geringen Wartezeiten einer der leistungsfähigsten. Dabei wäre die Lösung des Problems ganz einfach: „Wenn die Kassen die Budgetierung abschaffen, müssten die weniger akuten Fälle nicht ins folgende Quartal verschoben werden“, so Heinrich.