Arzneimittelpreise, Selbstmedikation, Importquote, Securpharm: Bei den Themen von Apothekerschaft und Herstellerverbänden gibt es zahlreiche Überschneidungen. Das wurde bei der Eröffnung der diesjährigen Expopharm in Düsseldorf deutlich.
Jörg Wieczorek, Chef des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH), betonte die Relevanz von Apotheken in der Gesundheitsversorgung. OTC-Arzneimittel aus der Apothekenpflicht zu entlassen – wie zuletzt von Gesundheitsökonom Professor Dr. Christian Hagist vorgeschlagen – sei der vollkommen falsche Weg. Die von Hagist als „entbehrliches Schwätzchen“ bezeichnete Beratung sei keinesfalls zu entbehren.
Den Nutzen rezeptfreier Arzneimittel will der BAH künftig intensiver in den Fokus rücken. Die Hersteller hatten eine Studie mit dem Thema „Selbstbehandlung und Apotheke“ in Auftrag gegeben und in der vergangenen Woche vorgestellt. Dass die Apotheker in Sachen Medikationsplan außen vor bleiben sollen, hält Wieczorek für „geradezu absurd“. Immerhin würde es sich bei jeder zweiten Packung, die ein Apotheker abgibt, um ein OTC-Medikament handeln. Apotheker sollten daher auf jeden Fall eingebunden werden.
Nicht nur Ärzte würden daran bemessen werden, wie ihnen die Patientenversorgung gelingt, auch den Apothekern, dem pharmazeutischen Großhandel, und den Herstellern ginge es nicht anders. Wieczorek gab zu bedenken, dass zwar alle „im gleichen Boot“ säßen und ruderten, womöglich aber andere das Steuer übernähmen. „Eine gute Arzneimittelversorgung ist nicht zu Nulltarifen und Dumpingpreisen möglich“, betonte Wieczorek. Es müsse daher gemeinsam gehandelt und nicht nur auf gesetzliche Maßnahmen und Politik reagiert werden.
„Die Apotheke ist das Zuhause unserer Arzneimittel“, sagte der Chef des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Dr. Martin Zentgraf. „Natürlich sind wir gute Partner.“ Denn ohne die Apotheker komme kein Arzneimittel sicher zum Patienten. Auch Securpharm sei ein Beispiel guter Zusammenarbeit. Zentgraf ist überzeugt, dass sich das gemeinsame Projekt auch in Zukunft positiv entwickeln werde.
Auch Zentgraf legte den Schwerpunkt seines Grußworts auf das Thema Selbstmedikation. In Sachsen habe der Verband unter Patienten eine Umfrage zur Arzneimittelversorgung durchgeführt, die – nicht überraschend für Zentgraf – ergeben hat, dass die meisten Menschen eine feste Hausapotheke haben. Die meisten Patienten hätten jedoch auch angegeben, dass sich ihr Apotheker nicht nach aktuellen Lebensumständen oder Unverträglichkeiten erkundige.
Zentgraf sieht Nachbesserungsbedarf: Die inhabergeführte Apotheke könne sich durch die Qualität ihrer Beratung differenzieren. Dabei spiele auch die Selbstmedikation eine Rolle und in diesem Rahmen auch der Medikationsplan. „Da gehören Sie mit hinein“, unterstrich er.
Vielen Patienten sei zudem nicht bewusst, dass OTC-Produkte in vielen Fällen von den Krankenkassen erstattet würden. „Die Patienten messen dem grünen Rezept also noch keine große Bedeutung bei“, schloss Zentgraf daraus. Diese Option könnten die Apotheker den Patienten am besten aufzeigen, da sie direkten Kontakt zu ihnen hätten. „Ich bin überzeugt, dass für die Apotheker darin eine gute Möglichkeit liegt, nicht nur die medizinisch-pharmazeutischen, sondern auch die wirtschaftlichen Interessen ihrer Patienten zu wahren“, sagte Zentgraf.
Wolfgang Späth, Vorsitzender von Pro Generika, formulierte den Auftrag der Apotheker in der Gesellschaft: eine „vernünftige Arzneimittelversorgung“. Dazu seien aber „vernünftige Rahmenbedingungen“ genauso notwendig wie „vernünftige Forderungen“, die an die Apotheker gestellt werden. Und Unternehmer bräuchten ein „vernünftiges Verhältnis zwischen Risiken und Chancen“. Apotheker seien bei Hochpreisern mit niedriger Wertschöpfung jedoch durch Retaxationen in ihrer Existenz bedroht. Damit sein kein gutes Nutzen-Risiko-Verhältnis gegeben.
Für lohnenswert erachtet Späth den Vorschlag, dass mehrere pharmazeutische Unternehmen an Ausschreibungen für ein Molekül beteiligt werden und so die Sicherheit erhöht wird. Außerdem sollten die Krankenkassen den Unternehmen bei Rabattverträgen genügend Zeit für die bedarfsgerechte Produktion von Arzneimitteln lassen. Lieferengpässe würden so gar nicht erst entstehen.
Frank Schöning, Vorstandsmitglied des Verbands der forschenden Arzneimittelhersteller (VFA), begrüßte, dass sich die Akteure der „Dauer-Baustelle Gesundheitspolitik“ bei den Arzneimitteln eine „kleine Atempause“ gegönnt haben. Von großen strukturellen Reformen sei man bislang verschont worden. Ein noch größeres Wunder sei es allerdings, wenn es so bliebe.
Die Apotheker seien wichtige und wertvolle Partner, mit denen man viel bewegen könne. Als Beispiel nannte Schöning ebenfalls Securpharm. Dieses Projekt zeige, dass man bei einem gemeinsamen Interesse und mit gemeinsamer Expertise Großes schaffen und sogar die Politik beeindrucken könne. Schöning unterschrieb auch die Forderung der Apotheker nach der Abschaffung der Importquote.
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