EU-Versandapotheken

Rx-Boni nach Luxemburg

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Berlin -

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss sich erneut mit einer Grundsatzfrage des deutschen Apothekenrechts befassen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) hat heute eine Vorlagefrage nach Luxemburg geschickt. Die EU-Richter sollen klären, ob ausländische Versandapotheken an die deutschen Preisvorschriften gebunden werden dürfen. In dem Verfahren geht es um eine Kooperation der Deutschen Parkinson Vereinigung (DPV) mit der niederländischen Versandapotheke DocMorris. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.

Das OLG hatte schon Ende Januar nach sehr kurzer Verhandlung entschieden, den Fall nach Luxemburg zu schicken, jetzt liegt der Beschluss vor. Das Urteil aus Düsseldorf kam überraschend, denn die Rechtsfrage schien längst geklärt: Schon 2012 hatte der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte in einem Verfahren um die Rx-Boni der Europa Apotheek Venlo (EAV) entschieden, dass sich auch ausländische Versandapotheken hierzulande an die deutschen Preisvorschriften halten müssen.

Ob der freie Warenverkehr dadurch eingeschränkt werde, könne offen bleiben, weil eine Einschränkung auf jeden Fall gerechtfertigt sei. Der Gemeinsame Senat sowie der Bundesgerichtshof (BGH) hatten es abgelehnt, die Frage dem EuGH vorzulegen, da aus Luxemburg keine andere Entscheidung zu erwarten sei.

Dem OLG sind diese Entscheidung natürlich bekannt. Das Gericht begründet seine Vorlage mit dem Vertragsverletzungsverfahren, das die EU-Kommission gegen Deutschland eingeleitet hat. Der deutsche Gesetzgeber hatte kurz nach der Entscheidung des Gemeinsamen Senats ebenfalls klargestellt, dass die Preisbindung für alle gilt.

Die EU-Kommission vertrete die Auffassung, die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln stelle eine Behinderung des freien Warenverkehrs dar, so das OLG. Die Regelungen seien auch nicht durch besondere Gründe gerechtfertigt, insbesondere sei diese Vorschrift nicht zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung notwendig - hier mit Blick auf die Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Präsenz stationärer Apotheken. „Im Hinblick auf die Einwände der Kommission hält der Senat eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof für angezeigt“, so das OLG.

Bislang hatten die Gerichte eine Vorlage abgelehnt und in allen anderen Verfahren auf den Gemeinsamen Senat oder die Entscheidung des EuGH zum Fremd- und Mehrbesitzverbot für Apotheken verwiesen. Dieses hatten die EU-Richter im Jahr 2009 mit der Begründung für zulässig erklärt, dass die Nationalstaaten die Gesundheitsversorgung weitgehend selbst regeln dürften.

Das OLG Düsseldorf sieht dagegen zumindest die Möglichkeit, dass der EuGH in Sachen Rx-Boni anders urteilt als bei der Frage der Apothekenketten. In der mündlichen Verhandlung im Januar hatte der Vorsitzende Richter gesagt, die Frage sei auf der Ebene des Unionsrechts noch nicht entschieden. Die Pflicht zur Vorlage entfalle nur, wenn der EuGH auf keinen Fall anders entscheiden würde als die obersten deutschen Gerichte. Dies sei aber zumindest denkbar, so der Vorsitzende Richter.

DocMorris und der Verband der Europäischen Versandapotheken (EAMSP) hatten immer wieder eine Vorlage zum EuGH gefordert, um die Rechtsfrage auf europäischer Ebene zu besprechen. Parallel hatten sich der EAMSP sowie die EAV auch bei der EU-Kommission über das Rx-Boni-Verbot beschwert.Die Kommission hat zwar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, eine Klage vor dem EuGH blieb dagegen bislang aus.

Über das OLG geht es jetzt direkt nach Luxemburg. Das Verfahren in Düsseldorf wird bis zu einem EuGH-Urteil ausgesetzt. Inhaltlich ging es um die Teilnahme der DPV-Mitglieder am Bonussystem von DocMorris: Für die Bestellung rezeptpflichtiger Parkinson-Medikamente erhielten Neukunden einmalig 5 Euro, für Folgebestellungen pro Rezept einen Bonus in Höhe von 2,50 Euro. Zusätzlich bekamen Kunden einen Bonus in Höhe von 0,5 Prozent des Medikamentenwertes.

Die Wettbewerbszentrale sah in dem Rabattsystem einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (AMG). Apotheken seien in Deutschland bei der Abgabe rezeptpflichtiger Medikamente an die festgesetzten einheitlichen Abgabepreise gebunden, Rabatte unzulässig. Für Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der europäischen Union, die verschreibungspflichtige Medikamente im Wege des Versandhandels an Endverbraucher nach Deutschland abgeben, gelte das Rabattverbot gleichermaßen.

Der Verein bewarb das gemeinsame Bonussystem bei seinen Mitgliedern und verschickte eine DocMorris-Informationsbroschüre gleich mit. Die Wettbewerbszentrale hatte die DPV deshalb im Juli 2009 wegen unlauterer Werbung abgemahnt, weil das beworbene Modell gegen die Preisbindung verstoße.

Das Landgericht Düsseldorf hatte 2013 der Wettbewerbszentrale recht gegeben und die Werbung für Sonderrabatte für unzulässig erklärt. Den Versuch, die Frage vor den EuGH zu bringen, hatten die Richter damals ebenfalls abgewiesen – und beriefen sich dabei auf die Entscheidung des Gemeinsamen Senats. Das Landgericht hatte damals auch festgestellt, dass die Preisbindung nicht verfassungswidrig sei und im Einklang mit dem Unionsrecht stehe.

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