Finanzkrise

Forscher: Nicht bei Apotheken sparen Benjamin Rohrer, 28.03.2013 11:37 Uhr

Eurokrise macht krank: Aus Sicht von Wissenschaftlern haben unter anderem Einsparungen im Arzneimittelbereich die Finanz- zur Gesundheitskrise gemacht. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Einer Studie des britischen Wissenschaftsmagazins „The Lancet“ zufolge hat die europäische Finanzkrise unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen. Den britischen und US-amerikanischen Forschern zufolge hätten sich insbesondere die Sparmaßnahmen der südeuropäischen Länder negativ ausgewirkt. Die Wissenschaftler kritisieren insbesondere Einsparungen im Arzneimittelbereich und bei Honoraren für Heilberufler.

In der Studie wurde die Versorgungsqualität mehrerer europäischer Länder verglichen. Eine erwartete Beobachtung sei der unmittelbare Anstieg der Selbstmordrate nach dem Inkrafttreten von Sparpaketen gewesen, heißt es.

Insbesondere in Griechenland, Spanien und Portugal konnte aber nicht nur bei den Suiziden ein Zusammenhang zur Finanzkrise festgestellt werden. In diesen Ländern leiden demnach auch immer mehr Bürger an Infektionskrankheiten wie Malaria. Auch die Zahl der HIV-Infizierten sei deutlich angestiegen. Ein großes Problem sei zudem, dass durch Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen immer häufiger keine ausreichende Behandlung möglich sei.

Die Forscher beschäftigten sich auch mit Einsparungen im Arzneimittelbereich. Die Entscheidung vieler Staaten, an den Honoraren in diesem Bereich zu sparen, könne sich negativ auswirken: Die Heilberufler würden aufgrund der unterschiedlichen Lohnniveaus in den einzelnen Staaten schlichtweg auswandern, was langfristig zu einem „Braindrain“, also einer massenhaften Abwanderung von Akademikern führe.

Ein weiteres Beispiel für eine verschlechterte Versorgung im Arzneimittelbereich sind aus Sicht der Forscher etwa die Sparmaßnahmen der griechischen Regierung im Generikabereich. Die Preise in diesem Bereich seien so stark gesunken, dass Großhändler die Produkte aus dem Sortiment genommen hätten. Dies wiederum habe zu Lieferengpässen in Apotheken geführt.

Die Zahlungsfähigkeit der staatlichen Gesundheitsversicherungen gegenüber den Apothekern habe die Situation noch verschärft: Schließlich hätten viele Apotheker Medikamente nur noch gegen Barzahlung abgegeben.

Um ihre These zu bekräftigen, führen die Forscher die Entwicklung Islands an: Dort habe es Volksentscheidungen gegen Sparpakete gegeben. Im Umkehrschluss seien keine Auswirkungen auf die Versorgung feststellbar gewesen.

Die Forscher kommen daher zu dem Schluss: „Unsere Analyse zeigt, dass die Rezession ein Risiko für die Versorgung darstellt. Durch die Interaktion von Sparmaßnahmen und sozialer Absicherung wird die Krise im Gesundheitsbereich in Europa weiter verschärft.“