Versender werben für SPD-Vorschlag Lothar Klein, 02.03.2017 11:20 Uhr
In der kommenden Woche geht das Gerangel in der Koalition um das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vorgeschlagene Rx-Versandverbot in die nächste Runde. Die Ressortabstimmung ist noch immer nicht abgeschlossen. Am 9. März haben die für Gesundheit zuständigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Georg Nüßlein (CSU) und Karl Lauterbach (SPD) die ABDA und die Versandapotheken erneut zu einem Gespräch eingeladen. Im Vorfeld signalisieren die Versender schon einmal Kompromissbereitschaft.
Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) kann sich eine Einigung auf der Basis des Vorschlags der SPD-Gesundheitspolitiker Edgar Franke und Sabine Dittmar vorstellen. Damit lasse sich kurzfristig die nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober aus dem Gleichgewicht geratene Wettbewerbssituation zwischen internationalen und deutschen Apotheken mit Versandhandelserlaubnis wieder ausbalancieren.
„Wir begrüßen diesen Vorschlag, weil er einen konstruktiven Lösungsweg aus der gegenwärtigen Situation mit einem vorgelegten Verbotsgesetz aufzeigt“, so der BVDVA-Vorsitzende Christian Buse. Der Verband heiße insbesondere gut, dass damit für chronisch Kranke und Patienten in hoch spezialisierten Therapien eine wichtige Versorgungsoption erhalten bliebe. „Der Rx-Versandhandel ist gerade für Chroniker eine wichtige Bezugsquelle für Medikamente. Ihnen die Möglichkeit der Bestellung über den Versandhandel zu verwehren, kann nicht im Sinne einer verantwortlich handelnden Politik sein“, so Buse.
Der Vorschlag zeige zudem die Leitplanken auf, innerhalb derer sich leichte Ansätze wettbewerblichen Handelns im Bereich der Arzneimittelversorgung bewegen könnten, heißt es beim BVDVA. „Einen seit über 13 Jahren in Deutschland etablierten und von Patienten und Kunden angenommenen Bezugsweg für verschreibungspflichtige Arzneimittel zu verbieten, ist insbesondere im Jahr 2017, wo alle von der digitalen Gesellschaft sprechen, nicht vermittelbar und würde sicherlich zu entsprechenden Reaktionen der Wähler führen“, so Buse überzeugt.
Neben der ABDA nehmen am 9. März für die Versender Buse und Vertreter von DocMorris teil. Auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ist mit Beobachtern vertreten. Dem Vernehmen nach will die SPD ihren Vorschlag erläutern. Franke und Dittmar wollen den bis 2013 nach Heilmittelwerbegesetz (HWG) zulässigen Bagatellbonus von einem Euro im Sozialgesetzbuch (SGB V) verankern. Die gesetzliche Neuregelung soll auf zwei Jahre befristet werden.
In diesem Zeitrahmen soll eine Expertenkommission die wirtschaftliche Situation der Apotheken auf Grundlage einer Honorarstudie, die derzeit durchgeführt wird, sowie unter Berücksichtigung der Wettbewerbssituation im Apothekenmarkt, der Sicherstellung der Versorgung, der Einbindung der Apotheken in sektorenübergreifende Versorgungsmodelle und der Arzneimitteltherapiesicherheit evaluieren.
Franke unterstrich gegenüber APOTHEKE ADHOC, dass der SPD-Vorschlag ein Rx-Boni-Verbot vorsehe, allerdings die im HWG zulässigen Sachleistungen an die Kunden bis zur Höhe von einem Euro nicht antasten wolle. Das sei teilweise missverstanden worden. Zur Qualität des Vorschlags sagte Franke: „Er spiegelt die aktuelle Diskussion in der SPD wider.“ Damit können nach Ansicht von Franke und Dittmar gleichlange Spieße für deutsche und ausländische Apotheken geschaffen werden.
Mit diesem Vorschlag ist neue Bewegung in die Diskussion über das Rx-Versandverbot gekommen. Beim Arzneimittelexperten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Hennrich (CDU), stieß die Idee, ein Boni-Verbot zunächst über das Sozialgesetzbuch zu regeln, nicht rundweg auf Ablehnung: Zunächst soll aber die Ressortabstimmung des Gesetzentwurfs zum Rx-Versandverbot im Kabinett abgewartet werden.
„Wir sollten den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun. In zwei bis drei Wochen wissen wir mehr.“ Er wolle den Vorschlag der SPD-Gesundheitspolitiker aber damit nicht ablehnen. „Der kommt dann auf den Tisch, wenn aus zeitlichen Gründen der andere nicht funktioniert“, sagte Hennrich.
Derweil kommt die Ressortabstimmung von Gröhes Rx-Versandverbot im Kabinett nicht recht voran. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) blockiert nach einem Bericht der Berliner Zeitung das Rx-Versandverbot. Als die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) den Versandhandel mit Arzneimitteln 2003 komplett zugelassen hatte, war Zypries Justizministerin. In einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ließ das BMG denn auch fast alle Fragen unbeantwortet – mit Verweis auf den noch nicht abgeschlossenen „Meinungsbildungsprozess“ innerhalb der Regierung.