Vertragsverletzungsverfahren

EuGH-Verfahren zu Clopidogrel? Désirée Kietzmann, 07.05.2010 18:15 Uhr

Berlin - 

Die EU-Kommission treibt das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der Zulassung des Thrombozytenaggregationshemmers Clopidogrel voran: Die Brüsseler Behörde übermittelte der Bundesregierung eine mit Gründen versehene Stellungnahme, auf die diese innerhalb von zwei Monaten reagieren muss. Falls keine Einigung erzielt wird, kann die Kommission den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegen.

Die Kommission fordert Deutschland ultimativ auf, die EU-Vorschriften über die allgemeine medizinische Verwendung von Arzneimittelwirkstoffen einzuhalten. Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wird im Fall von Clopidogrel vorgeworfen, unzulässigerweise bei der Berechnung des zehnjährigen Zeitraums für eine allgemeine medizinische Verwendung auch klinische Prüfungen miteinbezogen zu haben. Diese falsche Berechnung des Zeitraums verstoße gegen die Bestimmungen der Richtlinie 2001/83/EG und verwische die klaren Grenzen zwischen den einzelnen Genehmigungsverfahren, teilte die EU-Kommission mit.

Laut EU-Recht können sich Generikahersteller bei der Zulassung auf vorhandene Studien beziehen, wenn der Wirkstoff mindestens zehn Jahre umfassend verwendet wurde und er daher als nachweislich unbedenklich und wirksam gilt. Allerdings ordnet die EU-Kommission klinische Studien nicht als allgemeine medizinische Verwendung ein, da hier die Arzneimitteleinnahme kontrolliert erfolgt.

Das BfArM hatte im Mai 2008 Clopidogrel-Generika zugelassen, die später von Hexal und Ratiopharm auf den Markt gebracht wurden. Der Patentschutz der Originalhersteller Sanofi-Aventis (Plavix) und Iscover (Bristol-Myers Squibb) bestand allerdings noch bis 15. Juli 2008, weshalb ein Bezug auf ihre Unterlagen nach Ansicht der Behörde noch nicht möglich war.

Bei der Berechnung der zehnjährigen Verwendung hatte das BfArM daher die so genannte Capri-Studie und andere klinische Tests mit einbezogen, die bereits 1998 veröffentlicht worden waren. Die Bundesregierung hatte in ihrer Stellungsnahme auf das erste Mahnschreiben aus Brüssel betont, dass umfangreiche klinische Studien den Zeitpunkt einer allgemeinen klinischen Verwendung dokumentieren könnten.