EuGH: Die Positionen

DocMorris: Ein kleiner Bonus tut nicht weh Alexander Müller, 21.03.2016 09:20 Uhr

Berlin - 

Es war ein intensiver Schlagabtausch vor der Ersten Kammer des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) am 17. März: Zwei Stunden wurde über die Preisbindung für ausländische Versandapotheken gestritten. Neben den Plädoyers der Beteiligten gab es Nachfragen der Richter. Hier sind alle Argumente der Beteiligten in der Zusammenfassung. Teil 1: DocMorris – offiziell die Deutsche Parkinson Vereinigung (DPV).

DocMorris hatte eine Kooperation mit der DPV geschlossen, so dass deren Mitglieder Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimittel erhielten. Die Wettbewerbszentrale hatte formal die DPV verklagt. Im Verfahren hat aber DocMorris de facto die Vertretung übernommen. Vor dem EuGH trugen Kristina Nordlander und Maarten Meulenbelt von der Brüsseler Kanzlei Sidley Austin vor. Das waren die Argumente:

  • Es handelt sich um eine Beschränkung des Binnenmarktes. Beweis: Nachdem der Gesetzgeber im Jahr 2012 Rx-Boni eindeutig verboten hat, ist die Anzahl der Neukunden bei DocMorris um 80 Prozent zurückgegangen, der Rx-Versandanteil insgesamt von 1,5 auf 0,6 Prozent des Marktes.



  • Die deutsche Regierung hat keine Argumente geliefert, um die Beschränkung des Binnenmarktes zu rechtfertigen. Die Beweislast liegt beim Mitgliedstaat, dass das gesamte System der Versorgung zusammenbrechen würde mit derzeit etwa 20.400 wirtschaftlich gesunden Apotheken.



  • Die Behauptung, freie Preise würden eine Kettenreaktion auslösen und die flächendeckende Versorgung gefährden, ist vorgeschoben. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat dafür schon 2003 keine Belege vorlegen können. 13 Jahre später sind noch immer keine Beweise verfügbar.



  • Ein kleiner Rx-Bonus kann den Markt nicht stören. Vor 2012 haben viele Versender Rx-Boni geboten – ohne Auswirkungen auf die Vor-Ort-Apotheken.



  • Das Kartellamt hat bereits 2010 festgestellt, dass geringere Preise ein Ausgleich für die Zwänge des Versandhandels sein können.



  • Die deutsche Regierung hat an anderer Stelle selbst argumentiert, dass der Versandhandel die Versorgung nicht gefährdet.



  • Es gibt Alternativen zur Preisbindung: eine Höchstpreisregelung, ferngesteuerte Arzneimittel-Abgabeautomat für entlegene Gebiete oder Apothekenbusse.



  • Mit der AMG-Novelle (Boni-Verbot) ging es der Regierung nie um die Sicherstellung der Versorgung, sondern um wirtschaftlich-protektionistische Erwägungen. Die Apotheker sollten vor Wettbewerb geschützt werden.



  • Früher gab es schon einmal ein Höchstpreissystem. Die Festpreise wurde erst 1975 eingeführt, da alle Apotheken ohnehin den Höchstpreis verlangt hatten. Das Kartell wurde ersetzt, im Gegenzug die Marge der Apotheker gesenkt. Rechtfertigung damals: Die Abrechnung im Sozialsystem sollte erleichtert werden.



  • 2006 hat die Regierung erneut die Einführung von Höchstpreisen geplant. Die Apotheker haben 500 Millionen Euro gezahlt, um das zu verhindern.



  • Nicht nur das Oberlandesgericht Düsseldorf, das den Fall beim EuGH vorgelegt hat, sondern alle Gerichte in der EU müssen nationalstaatliche Regelungen auf ihre Europarechtskonformität überprüfen können.



  • Der damalige Parlamentarischen Staatssekretär im BMG, Rolf Schwanitz (SPD), hatte 2008 als Vertreter der Bundesregierung selbst gesagt, dass Versandapotheken den Zugang zu Arzneimitteln auch in ländlichen Gebieten erleichtern.



  • Wenn Vor-Ort-Apotheken unter dem Wettbewerb zu Versandapotheken leiden, müssen sie eben im Wettbewerb besser werden. Wettbewerb erhöht die Qualität.

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