In der SPD zeichnet sich ein Konflikt um die Haltung zum Rx-Versandverbot ab. Während die Gesundheitspolitiker der Bundestagsfraktion in der kommenden Woche über einen Gegenvorschlag diskutieren, stellen sich die Genossen im Landtag von Nordrhein-Westfalen klar hinter den Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Am 14. Mai wird in NRW ein neuer Landtag gewählt. Der Wahlausgang im größten Bundesland ist für die SPD mit Blick auf die Bundestagswahlen im Herbst von vorentscheidender Bedeutung.
„Die SPD-Fraktion setzt sich für das bewährte System der Arzneimittelversorgung ein und ist der Auffassung, dass ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln für einheitliche Wettbewerbsbedingungen und damit letztlich für ein flächendeckendes Versorgungsnetz in allen Regionen von NRW sorgt“, antwortete der SPD-Landtagsabgeordnete Markus Herbert Weske auf den Brief einer jungen Apothekerin, die um ihre berufliche Zukunft fürchtet. NRW habe dementsprechend Position bezogen: „Wir unterstützen den Antrag für ein generelles Verbot“, so Weske weiter.
Die NRW-SPD gehört zu den mächtigsten Landesverbänden in der Sozialdemokratischen Partei. Mitglied im NRW-Landesverband ist auch Professor Dr. Karl Lauterbach, der als SPD-Fraktionsvize im Bund die Gegner des Rx-Versandsandverbots anführt. Mitte Dezember hatte Lauterbach sein Nein zu Gröhes Gesetzesinitiative bekräftigt und Gegenvorschläge angekündigt, die auf eine bessere Honorierung der Beratungsleistung hinauslaufen sollen. Details sind noch nicht bekannt. Am 19. Januar will die AG Gesundheit über das Thema beraten. Wie der Konflikt zwischen der Landes- und Bundes-SPD aufgelöst wird, ist offen. Eine Anfrage, wie SPD-Ministerpräsidentin und SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft damit umgehen will, blieb unbeantwortet.
„Öffentliche Apotheken stellen durch die persönliche Beratung, Nacht- und Notdienste, kurzfristige und Notfallversorgung sowie individuelle Arzneimittelherstellung die Arzneimittelabgabe vor Ort sicher“, schrieb Weske an die Apothekerin. Die persönliche und individuelle Information sei wichtig und notwendig, um falsche Einnahme, Wechselwirkungen und unerwünschte Nebenwirkungen wie Allergien zu vermeiden. Weske: „Diese Aufgabe kann in der Hauptsache nur von den lokalen Apotheken erbracht werden und ist durch die Versandapotheken nicht ersetzbar.“
Die durch das EuGH-Urteil entstandenen Wettbewerbsvorteile für ausländische Versandapotheken entzögen insbesondere „in unserem Flächenland kleineren Apotheken am Stadtrand oder in ländlichen Regionen die wirtschaftliche Grundlage“. Weske: „Aber gerade diese Apotheken sind elementarer Bestandteil der flächendeckenden Versorgung der Menschen, und zwar rund um die Uhr.“
Insgesamt hatte die junge Apothekerin Mitte Dezember sieben Landtags- und Bundestagsabgeordnete angeschrieben und auf ihre Existenzsorgen hingewiesen. Bislang liegen ihr zwei Antworten vor. Außer von Weske erhielt sie auch Post von der Düsseldorfer CDU-Bundestagsabgeordneten Sylvia Pantel. Pantel ist stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss: „Ich teile Ihre Sorgen, dass das EuGH-Urteil die Existenz von Präsenzapotheken, und damit eine Nahversorgung von Patienten, noch weiter bedroht“, schrieb Pantel. Deshalb unterstütze sie das von Gröhe vorgeschlagene Rx-Versandverbot.
In ihrem Schreiben an die Abgeordneten hatte die 26-jährige Apothekerin ihre persönliche Lage beschrieben: Sie habe gerade das Studium der Pharmazie abgeschlossen und arbeite in einer Apotheke in Düsseldorf, in der 14 Mitarbeiter seit teilweise 25 Jahren einen sicheren Arbeitsplatz hätten. Sie denke selbst daran, einmal eine Apotheke zu übernehmen. Aber in ein Geschäft zu investieren, bei dem momentan die Zukunft völlig ungewiss sei, sei nicht das was sie sich erhofft habe, als sie mit ihrem Studium begonnen habe. So stehe nun nicht nur ihre eigene, sondern auch die Zukunft der Kollegen auf dem Spiel, „wenn Sie nicht etwas unternehmen, um unsere Arbeitsplätze zu sichern“.
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