Die Pläne für ein gesetzliches Rx-Versandverbot konkretisieren sich. Sowohl Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) als auch Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) bereiten entsprechende Gesetzesinitiativen vor. Die Erfolgsaussichten sind aber vage: Denn die Mehrheiten sind ungewiss und vermutlich wird die EU wieder mitreden. Denn für nationale Vorschriften, die in den freien Warenverkehr der Gemeinschaft eingreifen, ist ein Notifizierungsverfahren erforderlich.
Das Bundesgesundheitsministerium bestätigte, dass Gröhe seine Beamten mit der Erarbeitung einer gesetzlichen Rx-Versandverbotsregelung beauftragt hat. Offen sei noch, wie die Regelung umgesetzt werden soll. Möglich wäre eine Rx-Versandverbot im Rahmen der laufenden parlamentarischen Beratung des Pharmadialog-Gesetzes (AM-VSG). Dazu müssten die Koalitionsfraktionen einen Änderungsantrag einbringen.
Nach Angaben des BMG will Gröhe in den Koalitionsfraktion für ein gesetzliches Rx-Versandverbot werben. In der Unionsfraktion dürfte Gröhe damit auf offene Ohren stoßen. Mit Maria Michalk und Michael Hennrich haben sich führende CDU-Gesundheitspolitiker bereits für ein Rx-Versandverbot ausgesprochen. Auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hat die Zustimmung der Schwesterpartei signalisiert. Unklar hingehen ist nach wie vor die Haltung der SPD. Die Abstimmung einer einheitlichen Position zum Rx-Versandverbot ist noch nicht erfolgt.
Parallel zu Gröhe arbeitet Bayerns Gesundheitsminister Huml an einer Gesetzesinitiative über den Bundesrat. „Es ist derzeit geplant, die Bundesratsinitiative im Rahmen der Behandlung des Gesetzentwurfs zum AM-VSG einzubringen, der am 9. November im Gesundheitsausschuss des Bundesrats beraten werden soll“, so das Bayerische Staatsministerium gegenüber APOTHEKE ADHOC. Bayern beabsichtigte, einen Änderungsantrag mit dem Ziel eines Verbots des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Bundesrat zu stellen. Die Details würden noch abgestimmt.
Ob die Initiative Bayerns in der Länderkammer eine Mehrheit findet, ist auch im Ministerium von Huml noch unklar: „Da sich die Bundesratsinitiative derzeit noch in der Abstimmung befindet, kann diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantwortet werden.“ Es wäre nicht das erste Mal, dass in der Länderkammer eine Initiative, die die Mehrheit der Gesundheitsminister der Länder gefunden hatten, von den Landesregierung schließlich abgelehnt wurde.
Auch die Postion des Kabinetts von Ministerpräsident Horst Seehofer ist nicht klar. Die Gesundheitsexperten der CSU- und SPD-Landtagsfraktionen flüchten sich nach einem Bericht der „Bayerischen Staatszeitung“ in vage Allerweltsauskünfte. Ex-CSU-Chef Erwin Huber (CSU), heute Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Landtag, warnt sogar vor einem Verbot des Internet-Arzneihandels: „Ich glaube nicht, dass man das verbieten kann“, sagt er der Staatszeitung.
Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates berät am 9. November im ersten Durchgang das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG). Am 25. November wird der Gesetzentwurf im Plenum des Bundesrates von den Landesregierungen beraten. Anschließend wandert der Gesetzentwurf in den Bundestag. Dort steht am 14. Dezember die Beratung im Ausschuss für Gesundheit an. Die erste Lesung im Bundestag ist für den 15. Dezember geplant. Verabschiedet werden soll das AM-VSG in der letzten Sitzungswoche im Februar. Bis dahin können die Koalitionsfraktionen noch Änderungsanträge einbringen.
Ein Wort mitsprechen beim geplanten Rx-Versandverbot werden aber vermutlich alle EU-Mitgliedsstaaten. Denn laut Richtlinie (EU) 2015/1535 müssen sämtliche Entwürfe technischer Vorschriften das Notifizierungsverfahren durchlaufen. Technische Vorschriften sind unter anderem auch „Vorschriften, mit denen Herstellung, Einfuhr, Inverkehrbringen oder Verwendung eines Erzeugnisses oder Erbringung oder Nutzung eines Dienstes oder die Niederlassung als Erbringer von Diensten verboten werden.“ Darunter dürfte das Rx-Versandverbot fallen.
Stellt sich heraus, dass der notifizierte Entwurf Hemmnisse für den freien Warenverkehr oder für den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft oder für abgeleitete EU-Rechtsvorschriften schaffen kann, dann können die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten eine ausführliche Stellungnahme an den Mitgliedstaat, der den Entwurf notifiziert hat, richten. Die ausführliche Stellungnahme hat zur Folge, dass die Stillhaltefrist bei Erzeugnissen um drei weitere Monate und bei Dienstleistungen um einen weiteren Monat ausgedehnt wird. Wird eine ausführliche Stellungnahme abgegeben, muss der betroffene Mitgliedstaat die Maßnahmen erläutern, die er aufgrund der ausführlichen Stellungnahme zu ergreifen beabsichtigt, heißt es in der Richtlinie.
Außerdem können die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten so prüfen, ob der notifizierende Staat die während des Verfahrens eingegangenen Reaktionen berücksichtigt hat. Im ABDA-Gesamtvorstand wurde unter der Woche bereits ausführlich über das Notifizierungsverfahren diskutiert.
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