EuGH-Urteil

Rx-Boni: Die Prozesse gehen weiter Alexander Müller, 26.10.2016 15:08 Uhr

Berlin - 

Die deutschen Versandapotheken fühlen sich nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu Rx-Boni benachteiligt. Während ausländische Versender Rabatte gewähren dürfen, gilt für sie weiterhin die deutsche Preisbindung. Aponeo will das „gleiche Recht für alle“ notfalls vor Gericht erstreiten. Das könnte schneller gehen als erwartet: Die Wettbewerbszentrale hat noch laufende Verfahren zu Rx-Boni deutscher Apotheken, die jetzt reaktiviert werden können. Auch das EuGH-Urteil will die Wettbewerbszentrale gegebenenfalls überprüfen lassen.

Die Wettbewerbszentrale war immer wieder gegen Apotheken vorgegangen, die trotz Preisbindung Rx-Boni gewährt hatten. Je ein Verfahren liegt beim Oberlandesgericht Hamburg (OLG) und dem Kammergericht Berlin zu unterschiedlichen Bonusmodellen. Beide Sachen waren bis zur EuGH-Entscheidung ausgesetzt worden – können aber jederzeit wieder aufgenommen werden.

Damit ließe sich gegebenenfalls relativ schnell die Frage vor den Bundesgerichtshof (BGH) bringen, was das EuGH-Urteil für deutsche Apotheken bedeutet. Denn diese sind von dem Luxemburger Spruch zunächst gar nicht betroffen. Fraglich ist daher, ob sie nun ihrerseits gegenüber ausländischen Versandapotheken benachteiligt werden.

Der BGH könnte dies nicht selbst entscheiden, da er nach geltenden Recht urteilen muss. Er könnte den Fall aber dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorlegen. Sollten die Karlsruher Richter die Ungleichbehandlung als verfassungswidrig ansehen, könnten sie dem Gesetzgeber eine Gesetzesänderung aufgeben. Eines wird die Wettbewerbszentrale nicht tun: Apotheken abmahnen, die in der Folge des Urteils jetzt ebenfalls Rx-Boni gewähren. Hier einzuschreiten werde man den Aufsichtsbehörden überlassen, heißt es aus Bad Homburg.

Unabhängig von diesen Fragen ist auch im EuGH-Verfahren das letzte Wort noch nicht gesprochen. Kläger im Ausgangsverfahren war auch hier die Wettbewerbszentrale, Beklagte die Deutsche Parkinson Vereinigung (DPV) wegen einer Kooperation mit DocMorris. Der Fall geht jetzt zurück an das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG), das das Verfahren in Luxemburg zur Vorabentscheidung vorgelegt hatte.

Das OLG ist jetzt an die Aussagen des EuGH gebunden und wird im Sinne der DPV entscheiden müssen. Einen Termin gibt es noch nicht. Die Wettbewerbszentrale ist allerdings grundsätzlich gewillt, das Thema vor den BGH zu bringen. Sollte das OLG keine Revision zulassen, müsste die Wettbewerbszentrale Nichtzulassungsbeschwerde in Karlsruhe einlegen.

Dann müsste sich der BGH entscheiden, ob er das Thema noch einmal anfassen will. Immerhin hat der EuGH mit seiner Entscheidung alle obersten Bundesgerichte düpiert. Denn der Gemeinsame Senat hatte 2012 entschieden, dass die Preisbindung auch für ausländische Versandapotheken gilt – und eine Klärung auf EU-Ebene für überflüssig befunden.